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tum bekannt; und hier auch nur dadurch, daß ein großer Teil von Gemeinden sich z. T. einer Mode folgend - von der Fremdversicherung frei machte und die Selbstversicherung aufnahm. Es ist eine dankenswerte statistische Arbeit, den Umfang der Selbstversicherung in den Städten festzustellen. Das Statistische Jahrbuch deutscher Städte ist dem Thema bereits für 1908 nachgegangen1), ebenso das Kommunale Jahrbuch 2) seit 1911/12.

Anstelle der Einzelselbstversicherung, die nur für ganz große Städte ohne wirtschaftliches Risiko zu führen ist, wird die Verbandsversicherung durch mehrere oder gar alle Gemeinden bestimmter Größenklassen versucht, der aber durch das Gesetz vom 25. Juli 1910 betr. die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten ein schwerer Riegel vorgeschoben ist.

Zu den Unternehmungsformen darf man auch die Planwirtschaft zählen, wenn sie auch gelegentlich als ertragsfreie,,Staatswirtschaft“ überhaupt nicht als Unternehmung im Sinne der eigentlichen Volkswirtschaftslehre angesehen wird.

Nach dem großzügigen Anlauf zur Förderung und Pflege der Planwirtschaft bald nach dem Ende des Weltkrieges3) ist sie aber seit der erfolgreichen Stabilisierung der Mark nicht mehr,,aktuell"; die Privatwirtschaft hat wieder Vertrauen zum Privatkapital und zum privaten Unternehmer gewonnen. Die öffentliche Planwirtschaft scheint nur als Kriegszwangswirtschaft Berechtigung zu haben, wenn nicht etwa das Privateigentum an den Produktionsmitteln überhaupt das politische Kampfobjekt ist.

Im Gegensatz zu den Erwerbsanstalten sind die öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf ihren ureigenen Arbeitsgebieten dagegen vielfach zu festen Systemen ihrer Arbeit gelangt. Es ist beachtlich, daß die Stadtverwaltungen für bestimmte Arbeiten bzw. Aufgabenkreise bereits anerkannte Systeme zugrunde legen und der Streit hier bestenfalls um das System, nicht mehr um das Ziel geht; aber alle diese,,Systeme" betreffen bisher nur die gemeinnützige Arbeit der Städte. Es gibt das Elberfelder System und das seit 1910 in Straßburg bestehende Straßburger System der öffentlichen Armenpflege; es gibt das Genter System in der Arbeitslosenfürsorge usw. aber über Systeme der Erwerbswirtschaft liegen keine kommunalen Grundideen vor.

1) Prigge, Feuerversicherung des städtischen Eigentums. Statistisches Jahrbuch deutscher Städte, Bd. XVII, Abschnitt 71.

2) Kommunales Jahrbuch, herausgegeben von Lindemann, Südekum, Brix und Most, Jena 1913 und später.

3) Durch Wissell und von Möllendorf u. a.

VI. Produktionsstatistik.

A. Landwirtschaftliche Produktionsstatistik.

§ 69. Einleitung.

Die landwirtschaftliche Produktion wird auf Millionen von feldmäßigen Betrieben, Hunderttausenden von Kleingärten, Hausgärten, Schrebergärten usw., in einem Lande wie Deutschland, gepflegt. Von riesenhaften Betrieben hinunter bis zu den unwahrscheinlich kleinsten Zwergbetrieben werden Jahr für Jahr Agrarprodukte erzeugt. Bereitet schon die Ermittlung der doch offen daliegenden Betriebe ungeheuere Schwierigkeiten, so ist ihre rechtliche Organisation noch schwerer statistisch zu fassen und ihr wirtschaftlicher Ertrag nur der bescheidenen Schätzung durch den Nichtbesitzer zugänglich, von wenigen, meistens steuerpolitisch begründeten, Erntefeststellungen abgesehen.

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Die landwirtschaftlichen Erträge liegen, wie die Felder und Gärten, offen da; sie entstehen auf den Feldern, ja sie lagern oft offen auf den Feldern, oder zum Winterschlaf in leicht zugängigen,,Mieten". Die Ernte des Landwirts macht ihn zum vielbegehrten Wirtschaftsobjekt anderer Erwerbskreise und zum Studienobjekt zahlreicher Spezialwissenschaften.

Der grundbesitzende Landwirt ist ein wichtiger Abnehmer von landwirtschaftlichen Maschinen, Geräten, Düngemitteln, aber auch zeitweise ein guter Abnehmer in reinen Konsumgütern usw. Aus diesem Grunde wird der Grundbesitz, sowohl der landwirtschaftliche, wie unter oft nicht besonderer Hervorhebung des eigentlichen Grundbesitzes das industrielle Unternehmertum häufig in großen Nachschlagewerken, Kalendern usw. gezeigt. Gewöhnlich wird hier, neben dem Namen, den die Statistik bekanntlich grundsätzlich nicht veröffentlicht, Größe der Güter, Art des Betriebes, Zahl der Nebengewerbe und ihre Art, auch die speziellen Zuchten usw. genannt, so daß diese Nachweisungen doch nicht nur dem Geschäftsmann, sondern auch dem statistischen Forscher dienen können1).

1) Beispielsweise: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reich, Berlin 1916. Niekammers Güteradreßbuch, Leipzig.

Grundlegende Untersuchungen mit großem statistischen Material brachte Max Sering, Die Verteilung des Grundbesitzes und die Abwanderung vom Lande, Berlin 1910.

Für ein einzelnes Gebiet beachtenswert war die bei Joh. Conrad entstandene Untersuchung von Eduard Müller, Der Grundbesitz in der Provinz Sachsen, Jena 1912. Für neuere Erkenntnis sorgen Untersuchungen der Randgebiete in Deutschland, von denen die Arbeit von Alb. Hesse, Der Grundbesitz in Ostpreußen, Grundlagen des Wirtschaftslebens in Ostpreußen, Königsberg 1916 ebenfalls noch die Vorkriegsverhältnisse zugrunde legen mußte. Der Großgrundbesitz selbst wurde teilweise durch die Fideikommißstatistik beobachtet1).

Die landwirtschaftliche Produktionsstatistik will nur eine Statistik der agraren Produktenmengen sein, so wie die gewerbliche Produktionsstatistik es für die Gewerbeerzeugnisse ist. Entsprechend unserem Plan ist hier die Art der Materialgewinnung, die Güte des gewonnenen Beobachtungsmaterials und seine Verwertbarkeit vorzutragen.

Sachlich-geschichtliche Zusammenstellungen wirtschaftsstatistischer Art, wie sie in diesem methodologischen Grundriß der Wirtschaftsstatistik grundsätzlich nicht gebracht worden sind, bieten die Veröffentlichungen aus dem Tätigkeitsbereiche des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, herausgegeben unter Mitwirkung des Reichsausschusses für Ernährungsforschung, z. B. Heft 7, Deutschlands Versorgung mit Nahrungs- und Futtermitteln, von R. Kuczynski). Es werden dort gezeigt die Daten nach folgender Einteilung:

I. Brotgetreide; Futtergetreide; technisches Getreide: Brennereien. II. Hülsenfrüchte, III. Hackfrüchte und Gemüse; Rübenzucker. IV. Ölfrüchte. V. Futterpflanzen. VI. Obst, Südfrüchte. VII. Honig. VIII. Kolonialwaren. IX. Alkoholische Getränke; Wein, Bier, Branntwein. Die statistischen Resultate werden fortlaufend in der deutschen Reichsstatistik gebracht, die in ihren zahlreichen Publikationsorganen der landwirtschaftlichen Produktionsstatistik gebührenden Platz einräumt.

§ 70. Die Felderntestatistik.

Die Ernteertragsstatistik in Verbindung mit der Anbauflächenstatistik muß ermöglichen, die größere oder geringere Intensität der Landwirtschaft in den einzelnen geographischen Provinzen Deutschlands, wie natürlich auch in jedem anderen Lande, feststellen zu lassen. und sowohl dem Staatsmann wie dem Landwirt erkennbar zu machen.

1) Die Fideikommißstatistik ist oben S. 150f. behandelt worden.

2) R. Kuczynski, Pflanzliche Nahrungs- und Futtermittel. Berlin 1926.

Sie muß dazu die Erntemengen selbst ermitteln und die bebauten Flächen; durch Verbindung dieser beiden Ergebnisreihen entsteht die Ziffer über den durchschnittlichen Hektarertrag, die allgemein als Intensitätsmaßstab der Landwirtschaft gilt.

Die Erntestatistik war schon bei der ersten einheitlichen reichsdeutschen Erhebung in 1878 auf folgende Kulturarten ausgedehnt worden:

I. Getreide und Hülsenfrüchte: Weizen (Winter-, Sommer-), Spelz (W.-, S.-) einschl. Emer, Einkorn (W.-, S.-), Roggen (W.-, S.-), Gerste (W.-, S.-), Hafer, Menggetreide, Frühweizen, Hirse, Mais, Erbsen, Linsen, Speisebohnen, Ackerbohnen, Wicken, Lupinen, Mischfrucht;

2. Hackfrüchte und Gemüse: Kartoffeln, Topinambur, Runkelrüben zur Zuckerfabrikation, Runkelrüben als Futterrüben, Möhren, weiße (Steck-, Stoppel-) Rüben, Kohlrüben (Wrucken, Oberrüben), Kraut und Feldkohl, Gurken, Zwiebeln;

3. Handelsgewächse: Raps (Rübsen), Leindotter, Mohn, Senf, Lein (Flachs, Samen, Bast), Hanf (Samen, Bast), Tabak, Hopfen, Cichorien, Weberkarden, Kümmel, Runkelrüben (Samengewinnung).

4. Futterpflanzen: Klee, Luzerne, Esparsette, Serradella, Spörgel, Timothee, Raygras, andere Grassaat;

5. Wiesen und Weiden mit Unterscheidung der reicheren und geringeren Weiden;

6. Weinberge.

Zur Sicherung einer möglichst einwandfreien Ernteschätzung ist dem Bundesratsbeschluß vom 7. Juli 1892, der die ab 1893 geltenden Bestimmungen über die Ermittlung des Ernteertrages schuf, eine Anlage (Nr. 3) beigegeben worden, die ein Berechnungsmuster für diese Ermittlung in den einzelnen Erhebungsbezirken darstellt.

Neben jede Fruchtart ist danach 1. die Anbaufläche in Hektar einzusetzen, dann der geschätzte Durchschnittsertrag vom Hektar in 100 kg, und hiermit der Gesamtertrag durch Multiplikation der beiden Zahlen zu gewinnen.

Diese,,überschlagsweise Berechnung mit Schätzungen"1), in den folgenden Jahren durch Gegenproben korrigiert und durch Erweiterung der Anhaltspunkte für die Multiplikation des geschätzten Durchschnittsertrags mit der beobachteten Anbaufläche jeder Fruchtart vertieft, hat sich als durchaus brauchbares Verfahren zur überschläglichen Schätzung der Ernteverträge erwiesen.

P. Quante, Die Zuverlässigkeit der deutschen Anbau- und Erntestatistik, Zeitschrift des Preußischen Statistischen Landesamtes,

1) Band 201 der Statistik des Deutschen Reichs, S. 73.

64. Jahrg. 1924, 3. u. 4. Abt., bes. S. 4ff. betont auch, daß die Schätzung in der Agrarstatistik nicht zu beanstanden sei, weil durch den Bundesrat schon von Anfang an1) angeordnet worden war, daß ,,als Anhalt und Kontrolle des Erhebungsverfahrens" die Katasterunterlagen dienen sollten, und zwar,,mit denjenigen Unterscheidungen, welche diese bezüglich der einzelnen Arten der Bodenbenutzung (Kulturen) machten".

In den,,Gutsbezirken" Preußens, die etwa ein Viertel des preuBischen Acker- und Gartenlandes umfaßten, deckten sich tatsächlich das Individuum,,Gut" mit der,,Gemeinde" als Erhebungsbezirk.

Trotzdem war die Genauigkeit nicht groß, weil an Stelle des Individualfragebogens an jeden einzelnen Landwirt (usw.) eine Schätzungskommission die Markungsfläche abging und bestenfalls einzelne Landwirte bei dieser Gelegenheit befragte. Nur Bayern hat bis 1893 Individualfragebogen ausgegeben; sie aber bei der Neuordnung der Bodenbenutzungserhebung in 1893 fallen lassen, um nicht weiter mit seinen Abweichungen nach unten aus dem Gesamtrahmen, der aber offenbar zu groß2) war, zu fallen.

Die amtliche Auffassung bei der Darstellung der Bodenbenutzungsaufnahme von 1893,,,daß ein solcher Grad von Genauigkeit in den Angaben der Anbaustatistik erlangt worden ist, als er auf diesem Gebiet nur erwartet werden darf", war bestimmt zu optimistisch.

Die große Bedeutung der landwirtschaftlichen Betriebsbeobachtung hat uns veranlaßt, ihrem Beobachtungsverfahren in einem besonderen Paragraphen schon oben nachzugehen3), auf den hiermit verwiesen sei.

Huber vertritt die Auffassung, daß die jährlichen Anbauflächenerhebungen überflüssig seien1); er meint schon in 1911:,,Einstweilen mag man die jährliche Anbaustatistik in ihrer jetzigen Organisation 1) Durch den ersten Bundesratsbeschluß betr. eine agrarstatistische Erhebung von 1877.

2) Ritter hält die Schätzung der Brotgetreideernte in 1911 um 10% zu hoch, in 1912 und 1913 sogar um 15% zu hoch. Deutsche Allgem. Ztg. vom 13. März 1923.

3) § 34. Eine knappe Formulierung der seit 1893 geltenden Methoden der produktionsstatistischen Beobachtung in der Landwirtschaft bringt das Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich, im Jahrgang 1900, S. 21, indem es dort heißt: ,,Die Ernteschätzung wurde früher in den meisten Staaten durch die Gemeindebehörden ausgeführt; die nach der neueren Methode jetzt gegebenen Zahlen werden in allen Staaten auf Grund der Berichte der landwirtschaftlichen Sachverständigen, die auch die Saatenstandsnachrichten geben, berechnet."

4) L. Huber, Die übrige landwirtschaftliche Statistik, in Zahn, Die Statistik in Deutschland, Bd. II, S. 142.

Diehl-Mombert, Grundrisse. Bd. 21.

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