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A. Landwirtschaftliche Betriebsstatistik.

§ 29. Allgemeines.

Erst eine Verbindung der Betriebsstatistik mit der Berufsstatistik und die Ueberwindung der Schwierigkeiten die zwischen Betrieb und Besitz, Betrieb und Unternehmung, Besitz und Unternehmung bestehen, wird die Betriebsstatistik zu der Bedeutung führen, die sie als die grundlegende Bestandsstatistik im Wirtschaftsleben beanspruchen kann.

Die Landwirtschaft als das älteste und verbreitetste Gewerbe hat erst spät statistische Beachtung gefunden, denn sie ernährte ihre Angehörigen recht und schlecht, auch wenn es sonst wirtschaftlich schlimm ging. Die in weiten Gauen bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts kaum auf Erwerb, d. h. Überschußproduktion und marktmäßigen Verkauf der Überschußprodukte, abgestellte Landwirtschaft war eine natürliche Lebenserhaltungsquelle, deren wissenschaftliche oder gar fiskalische Beobachtung für beide Teile bis dahin als unrationell, als eine Kräftevergeudung angesehen wurde; welcher Auffassung man vereinzelt in der Landwirtschaft bis auf den heutigen Tag begegnet.

Agrarstatistik ist ein für den systematischen Aufbau der Wirtschaftsstatistik unzureichender Begriff, denn zur Agrarstatistik gehören Besitzfragen, Betriebsgröße, Anbaufläche, Viehhaltung, Ernteertrag, landwirtschaftliche Nebengewerbe, Grundbesitzwechsel, Agrarproduktenpreise, landwirtschaftlicher Kredit, Agrarkrisen, landwirtschaftliche Steuern usw.

,,Agrarstatistik" will die faktische Parallele zur ,,Agrarpolitik" sein; beide gehen inhaltlich nebeneinander her, solange und soweit überhaupt eine auftauchende Agrarfrage statistisch beantwortbar erscheint.

Eine so angelegte,,Wirtschaftsstatistik" der Landwirtschaft fiele aus dem Rahmen der allgemeinen Volkswirtschaft rasch hinaus; sie würde sich zu einer privatwirtschaftlichen oder Interessentenstatistik auswachsen können, was zu unternehmen nicht Aufgabe der volkswirtschaftlich gesehenen Wirtschaftsstatistik ist; da es praktisch von verschiedenen anderen Seiten aus zur Genüge erfolgt.

Die Agrarstatistik in unserem Verstande beschäftigt sich dagegen nur mit

I. dem Besitz am landwirtschaftlichen Grund und Boden,

2. der Betriebsgröße in der Landwirtschaft,

3. der Anbaufläche und Benutzung überhaupt,

4. der Viehhaltung usw.,

5. den landwirtschaftlichen Nebengewerben,

a) wie Tierzucht, Milchwirtschaft, Obstbau,

b) wie Spiritusbrennerei, Rohzuckerfabrikation,

6. der Forstwirtschaft,

7. der Teichwirtschaft,

8. dem Weinbau,

9. dem Ernteertrag,

d. h. mit den Produktionsgrundlagen und der Produktion der Landund Forstwirtschaft im weitesten Sinne, eben im Sinne der theoretischen Nationalökonomie, für die die Landwirtschaft ein produzierendes und kein Handels- oder Verkehrsgewerbe ist, denn die volkswirtschaftliche Stellung des wirtschaftlichen Gutes, nicht die Tätigkeit des Landwirtes als solchen hat die Nationalökonomie zu beschäftigen.

Für uns bleibt hier danach nur die landwirtschaftliche Betriebsstatistik übrig, während die vom landwirtschaftlichen Betrieb losgelösten Produkte und der Ertrag an den einer systematisch gesehenen Nationalökonomie entsprechenden Stellen auftreten; die Agrarproduktenpreise also in der Preisstatistik, die zur allgemeinen Handelsstatistik wir nennen sie auch Absatzstatistik gehört, zu erscheinen haben; der Grundbesitzwechsel in der Verkehrsstatistik für immobile wirtschaftliche Waren erscheint usw.

In einem Erlaß an das Statistische Reichsamt vom 25. Februar 1881 betonte das damalige Reichsamt des Innern, daß die Volkszählungen die in der Landwirtschaft tätigen Personen nicht richtig erkennen ließen, was nach allem, was wir oben über die personale Anlage der Berufszählungen als Volkszählung gesagt haben, durchaus natürlich ist. Andererseits drängten die wirtschaftlichen Behörden nach durchsichtigen Daten über die Beteiligung der einzelnen Wirtschaftszweige am Wirtschaftsleben; hieraus resultierte der folgende methodologisch bedeutungsvolle Vorschlag der Konferenz der amtlichen Statistiker, eine allgemeine Berufs- und Betriebszählung vorzunehmen, um die landwirtschaftliche Betriebszählung gelingen zu lassen.

,,I. Von den beiden Hauptteilen, in welche die Landwirtschaftsstatistik zerfällt, nämlich 1. die Statistik des landwirtschaftlichen Berufes oder der am landwirtschaftlichen Gewerbe teilnehmenden Personen und 2. die Statistik der landwirtschaftlichen Betriebe, kann der erstere nur als Teil einer allgemeinen Berufsstatistik behandelt werden, wenn er die Beteiligung der Bevölkerung an der Landwirtschaft sicher und allseitig klarstellen soll; der letztere kann dagegen für sich erhoben und bearbeitet werden.

2. Zur Erhebung der landwirtschaftlichen Berufsstatistik (als

Teil einer allgemeinen Berufsstatistik oder auch nur für sich allein) ist die Einziehung von Nachrichten über alle einzelnen Personen der Bevölkerung erforderlich, und dies kann nur bei einer allgemeinen Volkszählung mittels der für diese dienenden Formulare ins Werk gesetzt werden. Um hierbei die Vollständigkeit der Angaben über den landwirtschaftlichen Beruf zu sichern und hinlänglich scharf kontrollieren zu können, empfiehlt sich die gleichzeitige Aufnahme einer landwirtschaftlichen Betriebsstatistik. Bei dieser Gleichzeitigkeit werden die personellen Fragen zweckmäßig mittels der Volkszählungsformulare erledigt, die Erhebungsformulare für die landwirtschaftliche Betriebsstatistik daher in dieser Beziehung entlastet; auch brauchen dann die Behörden als Aufnahmeorgan für beide Erhebungen nur einmal in Anspruch genommen zu werden. Überdies wird dadurch der Vorteil erzielt, daß sich die sämtlichen Daten über die Landwirtschaftsstatistik auf einen und denselben Zeitpunkt beziehen. Andererseits bietet die gesonderte Erhebung der landwirtschaftlichen Betriebsstatistik den Vorteil, daß die Volkszählung nicht damit belastet zu werden braucht, und für jene der günstigste Zeitpunkt, ohne Rücksicht auf den Volkszählungstermin, gewählt werden kann.

3. In Erwägung, daß wegen der Mängel der bisherigen Berufsstatistik gerade gegenwärtig eine vollständige Ermittlung der am landwirtschaftlichen Gewerbe beteiligten Personen erwünscht scheint, ist im folgenden die Erhebung einer allgemeinen Berufsstatistik mit besonderer Rücksicht auf die Landwirtschaft und einer landwirtschaftlichen Betriebsstatistik, sowie die Verbindung beider mit einer allgemeinen Volkszählung in Vorschlag gebracht, für welch letztere es sich im Hinblick auf diese Verbindung dringend empfiehlt, die übrige Fragestellung, insbesondere aber die Bearbeitung der übrigen nicht mit der Berufs- und Landwirtschaftsstatistik zusammenhängenden Fragen tunlichst einzuschränken."

Aus diesem Votum ist die landwirtschaftliche Betriebsstatistik zur statistischen Selbständigkeit gelangt, wenn auch das Gesetz, das jene Betriebszählung anordnete, das Gesetz vom 13. Februar 1882 den höchst mißverständlichen Titel,,Gesetz betreffend die Erhebung einer Berufsstatistik im Jahre 1882" erhalten hat.

Der Grund für diese Bezeichnung erhellt allerdings leicht, wenn man bedenkt, daß das Zählpapier eine Haushaltungsliste als allgemein auszufüllendes Schema und den landwirtschaftlichen Fragebogen nur als akzessorisches Fragenschema enthielt, das nur auszufüllen war, wenn die Frage:,,Wird unmittelbar von der Haushaltung aus Landwirtschaft betrieben, d. h. eine Bodenfläche, wenn auch vom kleinsten Umfange,

landwirtschaftlich als Acker, Gartenland (mit Ausschluß von Ziergärten), Wiese, Weide, zum Wein-, Obst-, Gemüse-, Tabak- usw. Bau bewirtschaftet?" bejaht worden war.

Agrarstatistische Fragen sind erstmalig von Statistikern auf dem ersten statistischen Kongreß in Brüssel 1853 erörtert worden1).

Für Deutschlands Bodenbenutzungsstatistik sind die Beschlüsse des Bundesrats vom 15. Februar 1874 und 8. November 1877, 7. Juli 1892, 19. Januar 18992) und 17. März 1900 die gesetzlichen Grundlagen geworden 3). Nach dem Beschluß von 1892 hätten die selbständigen Erhebungen alle 10 Jahre stattfinden sollen. Durch Bundesratsbeschluß vom 17. März 1900 ist die für 1903 fällig gewesene Erhebung aber auf das Jahr 1900 gelegt worden).

Neben den weitabständigen Bodenbenutzungserhebungen haben seit 1899 jährliche Anbauflächenerhebungen stattzufinden, die als Ergänzung zu den Ernteerhebungen dienen.

Die Veröffentlichung der Ergebnisse der jährlichen Anbauflächenerhebungen erfolgen zuerst im ,,Reichsanzeiger", erscheinen aber später ,,berichtigt" in den Vierteljahrsheften zur Statistik des Deutschen Reiches und schließlich auch im Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich.

Die ersten Übersichten finden sich in den Vierteljahrsheften 1899, Heft IV; 1900-1914, Heft III (oder IV); 1919, Heft IV; für 1915-1919 ebenfalls in 1919, Heft IV. Schließlich sind die Anbauflächen der hauptsächlichsten Fruchtarten 1920-1924 jeweils im dritten Heft der Vierteljahrshefte und für 1925 wieder im vierten erschienen.

Die Anbauflächenstatistik ist eine reine agrarstatistische Ermittlung der landwirtschaftlichen Bodenbenutzung; sie darf demgemäß nicht eher stattfinden im Jahre, als bis die landwirtschaftliche Bestellung (der Anbau) überall durchgeführt ist, wenn sie nicht Bestellungslücken lassen will. Bis 1898 geschah die Ermittlung der Anbauflächen im Laufe des Erntejahres; in 1899 und später wurde sie für das Deutsche Reich auf den Monat Juni angeordnet, bis sie seit 1911 in der Zeit vom 25. Mai bis 4. Juni stattzufinden hat und die örtlich gewonnenen Ergebnisse bis zum 25. Juni, dem Statistischen Landesamt einzureichen sind. Auf diese Weise gelingt es,

1) Block-v. Scheel, Statistik, 1879.

2) Bestimmung, daß die jährlichen Erhebungen über die Anbauverhältnisse nicht mehr beliebig zwischen Oktober bis März, sondern nur noch im Juni jedes Jahres stattfinden sollten. Die jährlichen Anbauflächenerhebungen haben wie bisher durch die Gemeinde zu erfolgen.

3) Die Fragestellung usw. dieser Erhebungen s. u. § 36.

4) Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reiches, 1902, Heft 3. Diehl-Mombert, Grundrisse. Bd. 21.

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schon im Sommer jeweils eine ausreichende Übersicht der Anbauflächen zu veröffentlichen, was für die Ernteschätzungen von erheblicher Bedeutung ist und auch auf die landwirtschaftlichen Produktenbörsen manchen Anreiz ausübt.

Die Anbauflächenerhebung ist naturgemäß alljährlich vorzunehmen; in Deutschland findet sie seit 1893 jährlich statt. Vorher haben aber schon einzelne Bundesstaaten sich ebenfalls mit entsprechenden Ermittlungen befaßt. Bis zum Weltkriege ist an dem Umfang und der Art des Verfahrens fast nichts geändert worden. Der Krieg hat manche Erweiterung des Umfanges und grundlegende Änderungen des Verfahrens gebracht, wovon leider bereits manches Wertvolle seither wieder gestrichen worden ist.

Die Anbaustatistik muß, wie jede andere amtliche statistische Erhebung, nach Verwaltungsbezirken durchgeführt werden; denn jede andere Erhebungsgrundlage gefährdet das Gelingen der Erhebung. Nur die feste, eingelebte, übersichtliche Verwaltungsgrenze verhindert Doppelerhebungen, macht Lücken der Erhebung sofort sichtbar, erlaubt jede irgendwie nötige Nachprüfung durch das zuständige Verwaltungsorgan.

Auch die Darstellung lehnt sich grundsätzlich am besten an die Verwaltungsbezirke an, um so mehr, da sie zugleich Erhebungsbezirke sind. Zahlreiche Verwaltungsbezirke sind geschichtlich geworden, wirtschaftlich in sich verwoben; hier genügt bereits die statistische Darstellung derselben.

Anders liegt es bei Verwaltungsbezirken, die offensichtlich in sich bereits grundverschieden sind und keine brauchbaren Durchschnittsziffern gewinnen lassen; hier wäre für die Zwecke der statistischen Darstellung die Schaffung von Kulturbezirken zu fordern, wie es der deutsche Landwirtschaftsrat schon im Jahre 1883 getan hat.

Solche statistischen Darstellungen, die die statistischen Erhebungsbezirke zerlegen und z. B. für die landwirtschaftliche Anbaufläche nach landwirtschaftlichen Kulturbezirken aufteilen und zusammenlegen, nennen wir Darstellungen nach der geographisch-statistischen Methode1).

Der Anbau der sog. Handelsgewächse (Tabak, Hopfen, Wein, auch einzelner Leguminosen und Gemüsearten) wird im allgemeinen kleinbetrieblich gepflegt; die ihnen notwendige dauernde Aufmerksamkeit vor allem während der Wachstumszeit — läßt den großbetrieblichen

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1) Vgl. Georg von Mayr, Statistik und Gesellschaftslehre I, 2. Aufl. 1914, S. 143. H. Wolff, Theoretische Statistik. Jena 1926, S. 155. H. Wolff, Der Spessart, sein Wirtschaftsleben. Aschaffenburg 1905. — L. Huber, Studien über soziale und wirtschaftliche Verhältnisse der Gegend um Rosenheim.

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