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S. A. I. AD EM

ptorem.

On dubito multos Lectores hic fore stultos,

Qui fint dicturi, Liber hic quòd debeat uri:
Quando in eo verfus non ullus fit bene terfus,
Ac opus inceptum totum fit prorfus ineptum.
Sunt tamen illi ipfi, qui amant dicteria Grylli,
Et qui Smosmannum cupiunt audire per annum
Turpia dicentem, uel Suarmum fpurca loquentem,
Quiqs legunt Pfaffi Calebergi facta, uel affi.
His placet infanus Neidhart, Larin quoq3 nanus,
Corneus Seufridus bonus est nonas per & idus.
Marcolf laudatur, Eulenspiegelus amatur:
Et quis non legit, quæ frater Rauschius egit?
Tale quid infulfum, fatus de pectore mulfum,
Semper fic laudant, ut ad omnia peßima plaudant:
Cum tamen autores foleant corrumpere mores,
Tales, ac dignè poßint comburier igne,

Ob res obfcoenas, ut dent propter mala poenas.

Der sprichwörtliche Text beginnt mit S. 1 unter der Ueberschrift: „LOCI COMMV- NES PROVERBIA- | les de Moribus". Er ist unter 248 alphabetisch geordnete Titel gebracht, welche, von ungleicher Grösse, 1-30 und mehr Sprüche enthalten. Der einen neuen Buchstaben anfangende Locus comm. ist stets durch grösseren Druck ausgezeichnet und die ihm folgenden cursiv gedruckt. Hierauf folgen als letzter Titel (S. 209-215): „CONCLVSIO" biblische Stellen in deutscher Übersetzung über „füllerey" und (S. 215--216) ein deutsches Lied mit der Überschrift: IN MENDACES OB- | trectatores..." Im thont Mon amy eft en grace fi perfaict", welche beiden Stücke keine Sprüche enthalten. Der erste Titel der Sammlung mit seinem Spruche lautet:

Abfentia.

QVi procul ex oculis, procul eft a lumine cordis.

Kom ich dir auss den augen schir,

Bald weiss dein hertz nichts mehr von mir.

Der Initial des Leoninus steht in einem blumenverzierten Quadrate und kommt an Höhe 5 (2 latein. und 3 deutschen) Zeilen gleich, wesshalb diese eingerückt find. Der letzte Titel (S. 208), welcher

fich bei den Plagiatoren nicht findet und nur einen (vier Zeilen messenden) Spruch zum Inhalte hat, führt die Überschrift:

ZIZANIA.

Non citò decrefcit multa planta, fed ufq3 uirefcit.
Vnkraut siehstu selten verderben,

Da sonst viel guter kreuter ersterben.

Das ganze Buch schliesst mit den Worten, den letzten des erwähnten Liedes (S. 216 rectius 214):

Hie lasst vns halten,

Vnd allein Gott walten.

Laus tibi fit Chrifte, quoniam Liber explicit ifte.

Dextræ fcriptoris benedic precor omnibus horis.

Der Columnen-Titel ist (Bl. a2b a3): „PRAEFATIO“; (Bl. a 43): „AD EMPTOREM“; (S. 2—216): „LOCI COMMVNES ... PROVERBIALES". Die Signatur ist durchaus römische Antiqua mit beigesetzter arabischer Ziffer. Der Initial des ersten Wortes der Praefatio (F) bildet ein offenes sehr zierlich mit Arabesken geschmücktes Quadrat.

Die Anzahl sämmtlicher deutscher Sprüche, welche ohne Aus. nahme gereimt und in der Regel aus zwei- (selten vier- oder mehr-) zeiligen Reimversen bestehen, beläuft sich auf 1459, Wiederholungen z. B. S. 33 und 42, 117 und 143 und öfters mitgerechnet. Einem jeden geht ein lateinischer meist einzeiliger Versus leoninus voraus; ihre Gesammtzahl beträgt 1480. Die Sammlung gehört, obgleich gereimten Inhalts, zu den werthvolleren des XVI. Jahrh. und bringt manchen deutschen Spruch (darunter auch einige Priameln), der sonst selten begegnet und in früheren Sammlungen vergebens gesucht wird.

Der Verfasser der Sammlung, von welcher in vorliegender Gestalt nur diese eine Auflage bekannt ist, war bis vor Kurzem unbekannt; es ist ohne jeden Zweifel Bruno Seidelius*), der Verfasser der späteren Paroemiae Ethirae (vergl. unten b). Wenn es mir aber, nicht ohne mannigfache Mühe und Zeitverlust endlich gelungen ist,

Ich habe hierüber die erste Nachricht gegeben im Anzeiger des German. Museums 1867, No. 1, Sp. 10-13 und finde mich veranlasst, das Prioritätsrecht zu wahren. Sein Name ist übrigens auch schon auf dem zweiten Blatte (a2) der Loci Communes, oben, in den Initialen zu lesen : B. S. D. Bruno Seidelius Doctor. Doch will ich offen gestehen, dass mir diese letzteren Buchstaben erst dann verständlich waren, nachdem ich seinen Namen so wie seinen Stand (Doctor medicinae) gefunden hatte.

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den wahren Verfasser nach seinem Selbstgeständnisse bekannt zu geben, so scheint doch die Dechiffrirung dreier andern Buchstaben „S. A. I.“, deren sich Seidelius in dieser wie auch in der zweiten Ausgabe, den Paroem. Ethic., bei dem in leoninischem Versmasse abgefassten Gedichte AD EMptorem" bedient und die unbesonnener Weise auch sein Plagiator Germberg, vielleicht auch die Verfasser zweier andern Drücke (vergl. unten 2, 3 und 5) beibehalten haben, aller Exegese zu spotten, und ich überlasse die befriedigende Erklärung einem Klügeren.*) Dagegen hat die Conjectur i. Petters (Anzeiger f. d. K. d. d. Vorz. 1854, 270-71), dass die Sprache des Buches,,den Schweizer verrathe" und welche mir lange nur eine an den Druckort sich anlehnende Vermuthung scheinen wollte, ihre volle Bestätigung gefunden durch die Erklärung des Verfassers selbst (Paroem. Ethic. 1589. Bl. Abb): es seyen in dieser zweiten Ausgabe ,,idomata qucque germanicæ linguæ ab Helvetica dialecto purgata." Es finden sich z. B. (S. 171) „gsin", (S. 54, 56) „lår" und sonst zerstreut auch andere auffällige Sprachformen, wie

Offa, facerdote mulier, communia torum.

Suppen vnd Pfaffenkellerein,

Sein beyde yederman gemein. (S. 124).
Burfa uetus more ueteri patet achiat ore.
Das folten alte weiber wissen,

Das alte brütel nicht wol schlissen. (S. 180).

Solche Auffälligkeiten fanden jedoch, ohne des Seidelius eigene Erklärung, auch wohl als durch den Reim bedingt, ihre Erklärung. Es wird übrigens hierdurch nur des Verfassers Vorwurf, dass die Oporinische Officin vielfache Eigenmächtigkeiten an seinem Manuscripte verschuldet habe, bestätigt.

Der Einfluss, welchen die Loci Communes nach Titel und Inhalt auf eine Anzahl anderer gleichzeitiger Sammlungen, von denen uns nicht einmal alle bekannt seyn mögen, geäussert haben, war sehr bedeutend. Wir lernen diesen Einfluss wie das Entstehen dieser Spruchsammlung, ihren ersten Druck und ihre ferneren Schicksale im Zusammenhange sehr genau durch Seidelius selbst in der Dedication seiner Paroem. Ethic. kennen, wo er (Bl. A2 A4) Folgendes mittheilt:

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*) Selbst auf die Gefahr hin, schlechten Dank zu ärndten, will ich eine Conjectur vorbringen: S. A. I. Seidelius Arnstadtii Incola. Wer eine bessere Erklärung weiss, möge sie mittheilen.

„Miferam ante annos fane multos Joanni Oporino Bafilienfi huiumodi fentētiarum ferraginem quandam ex antiquis libris collectam, & Gerlaco de Margaritis & Leoburgo... infcriptam, quo tempore nemini tale aliquid vt facerem adhuc in mentem venerat. Vt autem alijs alia occafio fuit annotandi aliquid vel ferium vel iocofum, & Def. Erafmo familiares fermones post prandij tepora obiter incidentes occafionem præbuerunt, confcribendi colloquiorum operis, ita mihi quoque adolefcenti quondam amici auctores fuerunt, vt quæ de moribus commonefactionem aliquam, aut encomia virtutum, vitiorumq3 vituperia cotinerent, & in vfu fermonis quotidiano verfarentur, colligerem Sententias iocolo carminis genere ex rhythmo quodam comprehéfas, ad quam rem & ipfi fuas cotulerunt operas, cum defcribendis illis, tum lingua vernacula interpretandis. Ita ergo factum eft, vt dum alius aleam ludit, alius vino fe replet, alio ocio marcefcit, alius maledicta fcripta fabricat, ego ifta qualifcunq3 tandem exiftimetur, non illiberali prorsus ratione animi recreationem aliquam, vacuis horis, non inuitus interdum quærerem, nulla téporis iactura nulloq3 labore, id quod à bonis & prudentibus in vitio pofitum non iri perfuafum habeo. Sunt igitur hæc olim à me conquifita veluti conchæ, quales magni viri Lælius & Scipio legere folebant in littore maris deambulantes, incredibiliter vterque repuerascens, & ad omnem animi remißionem ludumq; defcedens, quod de ipfis Cicero memoriæ prodidit. Scio etiam alios multos autoritate & doctrina præftantes viros fimili ftudio admodum delectatos fuiffe, filuasq3 talium carminum in delicijs habuiffe...“

Als Quellen dienten dem Verfasser ausser dem Volksmunde, ungenannte aber wohl schon ein grosser Theil jener Bücher, die er für seine Paroem. Ethic. aufführt und, wie er selbst in der Vorrede zu den Loci Comm. sagt, in der Bibliothek seines Gönners Gerlacus de Margaritis vorfand. Was den lateinischen Theil betrifft, so ist es, wie zuerst Ign. Petters a. a. O., dann Suringar: Over de Prov. Comm. S. 105 nachgewiesen hat, vorzüglich diese letztere umfast hundert Jahre früher gedruckte niederländische Sammlung*), aus welcher Seidelius * Einzelne Sprüche der Loci Communes reichen aber viel weiter zuruck. So unter einer grösseren Zahl in das XIV. Jahrhundert:

a. A fumo ftillante domo, & nequà muliere

Te remoue: quia funt ualde nocere. (L. C. S. 130. - Moun
Anzeiger 1835, 364.)

Eyn rinnende dach vnd eyn czornig wypp,

Die kurczen dem gud en man sin lypp. (Salomon und Mo

rolf (Ende d. XIII. oder Anfang d. XIV. Jahrh.) Vergl.

nicht weniger als 530 lat. Verse meist in derselben Fassung entlehnt, den dazu gehörigen deutschen Spruch aber theils des Reimes wegen verändert, theils selbstständig mit einem andern gangbaren und oft sehr gut gewählten vertauscht hat. Die von Petters ausgezogenen Sprüche sind folgende vierzehn, denen ich die Seitenzahl der Loci Communes und zur Vergleichung die deutschen der Prov. Comm. (Ausg. o. O. u. J. c. 1490, wahrscheinl. Colon. H. Quentell. 8., vergl. oben I. Bebeliana. 1508) beifüge. Cursiv-Lesart der Prov. Comm. 1. Dicitur abfente me, quod nō me refidente. Hinderruck mich mancher verspricht,

Wer ich zugegen er thet es nicht. (S. 20).

Achter rugghe leert men beeft kennen. (Prov. Comm. Bl. aij3). 2. Vngere uult homine, que percufcit Deus, omnem.

Gott schlug nie keinen man,

Er streich jhm wider gsundsalben an.
God die en sloich nye flach he en salffde wider.

(S. 33 u. 42).

(Bl. biija).

3. Læditur Vrbanus, non claudicat inde Romanus.

Hat Paul ein schaden an ein fuss,

Peter darumb nicht hincken muss.

(S. 38).

Een hinckede nynman van eins anderen mans sweer. (Bl. cij3).
4. Simplex apparet, fimplicitate caret.

Mancher scheint ein alter fimplicist,

Vernimm, wie sein mantel doppel ist. (S. 89).

He schijnt seer simpel als is syn mantel dobbel. (Bl. biiij3).
5. Lāces difsimiles, faciut oculos mihi triftes.

Hagen u. Büsching deutsche Ged. d. Mittelalt. I. v.

377-378

b. Audi, cerne, tace, fi cum uis uiuere pace. (L. C. S. 161 Moun a. a. O. 294).

c. Balnea cornici non profunt, nec meretrici:

Nec meretrix muda, nec cornix alba fit unda. (L. C. 104.
Moun a. a. O. 363.)

d. Rufticus eft uerè, qui turpia de muliere

Dicit: nam verè, fumus omnes de muliere. (L. C. 133.) Hiefür hat Moun a. a. O. 1833, 228 mit der Zeitangabe 1380-1388 die deutsche Paraphrase:

Mannicher von frawen vbell redt,

Er weiss nichts, was sein mutter theth.

Man soll frawen loben,

Es sey war oder gelogen,

Und wer das nichten thut,

Der hatt nichts mannes muth.

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