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(§ 323) Um die entwickelung der englischen sprache während des 15. jahrhunderts in der südlichen hälfte des landes darzustellen, reicht das hier gesammelte material, so reichhaltig es auch scheinen mag, nicht entfernt aus. Verhältnismässig gut vertreten ist nur die Oxforder gelehrtensprache; schon weit schlechter die Chaucerschule, da viele wichtige formen im reime selten oder gar nicht vorkommen; recht dürftig die urkundensprache. Hier sind nur für London, Suffolk und Norfolk genügende belege vorhanden; der reine süden fehlt so gut wie ganz, aus dem westen liess sich nur ein (allerdings umfangreiches) schriftstück beibringen; und die so wichtigen ablautformen des starken zeitworts kommen in ihrer fast nur präsentischen ausdrucksweise so gut wie gar nicht vor. Auch stammen die urkunden der einzelnen grafschaften meist aus verschiedenen zeiten, so dass es nicht ganz leicht ist, sie untereinander zu vergleichen.

(§ 324) Doch dürfte das vorliegende material wenigstens dazu ausreichen, um für die frage nach der entstehung der schriftsprache einige gesichtspunkte zu gewinnen. Denn wir können vergleichen:

1) Fortsetzung aus band XXIII heft II s. 153-194, heft III s. 323-375, heft IV s. 427-472 und bd. XXIV heft II s. 211-263 dieser zeitschrift.

Anglia. N. F. XII.

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A.

1. Die Oxforder gelehrtensprache um 1380/90 (Wycliffe) und um 1450/60 (Pecock);

2. die sprache des Londoners Chaucer (um 1365-1400) und seines von ihm beeinflussten jüngeren zeitgenossen Hoccleve (um 1400-1450), der ebenfalls aus London stammt;

3. die sprache der Londoner urkunden von 1387-1454 und 1483.

B.

Die sprache der mutmasslichen vorbilder (Wycliffe, Chaucer und Londoner urkunden) mit

1. der mundart von allerhand schreibern und dichtern, die mit ihnen in einem engeren (Lydgate, Bokenam, Capgrave zu Chaucer) oder entfernteren verhältnis standen, aber einen anderen heimatsdialekt sprechen mussten; 2. der sprache Caxtons, der als der erste vertreter des schriftenglischen gilt.

Es werden daher folgende fragen zu beantworten sein:

A. Hat die sprache der drei vorbilder sich im 15. jahrhundert ungestört entwickelt, oder sind beeinflussungen dieser drei sprachtypen durch einander wahrscheinlich zu machen? In zweiter linie wird auf das eindringen fremder (nördlicher) elemente zu achten sein.

B. Haben die drei sprachtypen schriftstellern und schreibern aus späteren zeiten und anderen gegenden zum vorbilde gedient, und wenn ja, in welchem umfange? Sind alle dialektischen formen durch sie verdrängt worden? Besonders wird zu untersuchen sein, wie Capgrave, der sowohl unter Oxforder, wie unter Chaucers einfluss stehen musste, sich zu seinen vorbildern stellt.

C. Wie verhält sich Caxton zu den drei sprachtypen?

II.

Die drei sprachtypen.

(§ 325) Um die weiterentwicklung der Oxforder gelehrtensprache zu beurteilen, wird es nötig sein, zunächst die unterschiede zwischen beiden bibelfassungen zu verzeichnen. Bereits Gasner hat s. 144 darauf aufmerksam gemacht, dass

die jüngere version in ihrem lautstande einheitlicher ist als die ältere. In den meisten fällen beruht die sprachliche einheit nur darauf, dass wir es bei b mit einer handschrift zu thun haben, bei a mit drei, von denen eine noch dazu von mehrerern schreibern herrührt und verschiedene vorlagen benutzt zu haben scheint. Jedoch ist die jüngere ausgabe sichtlich bestrebt, auch dort, wo die meisten handschriften der älteren fassung doppelte oder dreifache formen besassen, sich auf eine einzige zu beschränken. So hat K1 'whan(ne) und when(ne), K2 whanne und selten whenne, b ausnahmslos whanne (§ 32, Gasner 102f.), K1, K2 und A schreiben lasse und lesse, b nur lesse (§ 33; Gasner 79), K1 und K2 (aus den übrigen handschriften fehlen belege) haben neben einer gebräuchlichsten form für 3nig zwei nebenformen, b nur ony und zweimal any (§ 61; Gasner 87). In K1 und K2 finden sich für das adverb 4(n)@gper usw. formen mit e, ei und (einmal) o, in b bis auf ein ei nur e (§ 87, Gasner 118). In b ist für y weit einheitlicher durchgeführt als in a; mycel lautet in a myche(l) und oft moche, in b nur myche und je einmal mychel und moche (§ 130; Gasner 114 ff.); a kennt neben 7-oun auch -on, b nur -oun (§ 151); a schwankt zwischen slik und lich, b kennt nur lik bis auf einmaliges lich (§ 198). Im possessivpronomen plur. hat a her und hir, 10 theire, there, b nur her (§ 242). Das präteritum von 11 metan ist in a stark und schwach, in b nur stark (§ 260), zu 12 seon kennt a drei pt. pl. (sien u. ä., saien, sawen), b nur die beiden ersten, das pz. lautet in a 13 seyn und seen, in b mit einer ausnahme nur seyn (§ 260). Eine ganze reihe von parallelformen ist in der jüngeren fassung also beseitigt.

(§ 326) b ist um einige jahre jünger als a; es ist also nicht verwunderlich, wenn es an manchen punkten einen fortgeschritteneren formenstand aufweist. Die 14 suffixe zeigen stärkeres schwanken als in a (§ 149); das personalpronomen des fem. sing. obl. lautet etwas häufiger 15 her als in der älteren fassung (§ 238); in der 16 ei-reihe ist nördlicher ausgleich bereits nicht ganz selten, auch zahlreiche 17 schwache formen sind hier belegt (§ 250); in der 18 ĕ-reihe taucht zu gietan bereits das pt. pl. goten auf (§ 260); in der 19 zweiten pers. sg. prät. der starken verben ist fast überall die endung -est der schwachen konjugation durchgeführt (§ 303).

(§ 327) Sehr auffällig ist es dem gegenüber, dass die jüngere fassung in manchen punkten konservativer ist als die ältere. Das 20-e in den flexionsendungen der verba ist sehr viel seltener abgefallen (§ 155 ff.); viermaliges 21 the(i)re durch her ersetzt (§ 242); in der ĕ-reihe (§ 260) heisst es zweimal 22 (pt. pl.) speken, wo a spaken hat, 23 geten (pz.) statt goten der älteren fassung; in der e-reihe (§ 267) stets 24 slow statt slewz usw.; stets schreibt b 25 thou shalt statt thou shal in a (§ 284); 26, 27 im plur. prs. und pt. ist die volle endung gewöhnlich auch da erhalten, wo sie in a gefallen ist (§ 227); auch 28 til to statt to ist stets ausgemerzt (§ 288, 304).

(§ 328) Es handelt sich hier also nur um ziemlich unwesentliche verschiedenheiten, aus denen sich nicht viel entnehmen lässt. Immerhin sei gesagt, dass b im grossen und ganzen einen südlicheren eindruck macht als a (20, 21, 22, 25, 26, 27, 28; doch 16!). Eine angleichung an den Londoner dialekt hat durch die veränderungen in b nicht stattgefunden; vergleicht man die abweichungen zwischen beiden bibelversionen mit der sprache der gleichzeitigen Londoner urkunden (U, M, G, W', W2, s. Morsbach 11 f.), so stimmt b nur in zwei punkten (1, 20 letzterer ist von zweifelhaftem wert, da die erhaltung des -e völlig zu dem in § 327 erörterten konservativen verhalten von b passt) besser zu London als a, dagegen schlechter in 3, 5, 6, 7, 10, 21, 26. Aeussere einflüsse dürften also bei der sprachlichen umarbeitung der bibel nicht wirksam gewesen sein.

(§ 329) Beiden ausgaben von Wycliffes werk sind folgende punkte gemeinsam, an denen Chaucer und die ältesten Londoner urkunden mehr oder minder stark abweichen:

I. Häufige bezeichnung der länge vor dehnenden konsonantengruppen (§ 28),

II. and erscheint bis auf eine ausnahme stets als o (§ 37), III. ae. a + sc entwickelt sich oft zu ai (§ 39),

IV. ae. esc entwickelt sich oft zu ei (§ 75),

V. ae. íe ergiebt oft i (§ 51),

VI. ǝ in flexionssilben erscheint meist als als i (§ 150),
VII. ne. self lautet self und silf (§ 246),

VIII. ne. such lautet suche und siche; ausnahmsweise auch

seche (§ 249),

IX. Westlicher ausgleich in der 3., z. t. auch 4. klasse (§ 254 ff.), X. Im plur. prs. u. pt. ist -en gewöhnlich erhalten (§ 288, 305).

Dialektische verschiedenheiten bestehen also zwischen Oxford und London nur in einem punkte (IX); man wird daher nur von einem Oxforder und einem Londoner sprachtypus reden dürfen.

(§ 330) Pecock stimmt fast in allen diesen punkten mit der Bibelsprache überein. Von den zehn für sie charakteristischen punkten sind I, II, III, IV, V, VI, VII, X bei ihm zu belegen; bei IX (westlicher ausgleich in der 3. ablautreihe) sind die belege zu spärlich; er entfernt sich von Wycliffe nur in ausschliesslichem gebrauche von VIII such (= älteste Londoner urkunden). Wo beide fassungen abweichen, schliesst er sich häufiger an die jüngere Bibelfassung an. Beide haben nur

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geten im pz. pt. wors (§ 74),

1 whan (§ 32), 2 worschip (§ 74), 3ize (§ 85),
(§ 260), bis auf geringe ausnahmen stets 5 werk,

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7 myche (§ 130 f., Gasner 115 f.), like (§ 198), 9 camen im pt. plur. (§ 257), a dagegen auch öfters 1when, wirschipe, 3 eize, goten, 5 work, wers, moche, 8liche, comen; in der seltenheit des 10 r-einflusses (§ 73), in der besonders wichtigen 11 abwerfung des -e (§ 164), dem 12 nördlichen ausgleich in der ei-reihe (§ 250 f.), der seltenheit des 13-est in der 2. sing. pt. starker verba (§ 302), steht Pecock der jüngeren fassung weit näher als der älteren. Umgekehrt stellt er sich zu dieser gegenüber jener in 14lasse (§ 33), 15 eny (§ 61), 16 either (§ 87), 17 prove (§ 125), 18 peple (§ 126), gelegentlichem 19-on (§ 151), in der 20 erhaltung unbetonter silben (§ 149), dem pron. poss. 21 hir für den plural (§ 242), sowie den verbalformen 22 sawen und (pz.) 23 seen (§ 260), wo b nur lesse, ony und any, meist ether und preve, stets puple, -oun, her, sien und saien, seyn aufweist.

(§ 331). Die uniformierung der sprache, die schon in der jüngeren Bibelfassung merklich war, hat bei Pecock weitere fortschritte gemacht. Er hat nicht nur meist eine form (von ganz gelegentlichen ausnahmen abgesehen), wo b eine bietet, a aber mehrere (§ 325 1, 5, 6, 8, ähnlich 2, 3, 11, 12, 13), sondern hat auch den formenbestand noch weiter vereinfacht: nur eine form haben bei ihm ae. 24 ie (§51), 5 weorc, wiersa (§ 74), 25 tealde, sealde (§ 42), 3 ea + h (§ 85), 26 swelc (§ 249), die 27 steigerungsformen von strong (§ 224); 28 lange vokale werden nur durch doppelschreibung, nicht mehr durch

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