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OF THE

NIVE

DIE SPRACHE DER NORTHUMBRISCHEN INTERLINEARVERSION ZUM JOHANNES-EVANGELIUM.

Vorwort.

Im jahre 1894 erschien Albert S. Cook's "Glossary of the Old Northumbrian Gospels" (Lindisfarne Gospels or Durham Book), Halle, Niemeyer, in dessen vorwort der autor auch eine northumbrische sprachlehre für die nächste zeit ankündigte. Etwas früher schon hatte Miss Mary Elizabeth Lea (= Mrs. Wright) in der Anglia XVI, 62-206 eine abhandlung über die sprache der north. interlinearversion zum Markusevangelium veröffentlicht. Seitdem sind sechs jahre verflossen, ohne dass die Cook'sche grammatik, die doch bereits "ready for the printer" war, erschienen wäre, auch ist inzwischen von anderer seite an die drei übrigen north. evangelien noch nicht hand angelegt worden; so darf ich es vielleicht im folgenden unternehmen, der interlinearversion zum Johannesevangelium eine sprachliche untersuchung zu widmen.

Zu grunde gelegt habe ich den text von W. W. Skeat: The Gospel according to St. Matthew etc. in Anglo-Saxon and Northumbrian Versions, Cambridge 1878-87. Eine beschreibung der hs. findet sich in Skeat's "Preface" zum Markusevangelium, sowie bei Cook: Biblical Quotations in Old English Prose Writers etc., London 1898.

Beim Johannesevangelium sind zwei schreiber thätig gewesen; die zweite hand beginnt nach Skeat's bericht in der "Preface to St. John's Gospel" mit p du genioma kap. V, v. 10 in roter tinte, weicht aber von dem sprachgebrauch der ersten in keinerlei weise ab. Die verwendung von gi für ge ist keine eigentümlichkeit von ihr, wie schon Skeat gegenüber Waring

Anglia. N.F. XII.

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betont; sondern gi erscheint überwiegend erst vom ende des kap. XX ab bis am schluss auf p. 188. Offenbar in verbindung mit diesem umstand steht eine andere erscheinung, deren Skeat nicht gedenkt, nämlich dass i von da ab willkürlich für alle möglichen vokale in unbetonter silbe eintritt, auch wo es etymologisch nicht die geringste berechtigung hat.

Ich habe folgende belege notiert: ueri 3. sg. opt. XIX, 28; giseni n. sg. masc. XX, 20; gisii 1. sg. XX, 25; næsi adv. XXI, 5; neri 3.sg. opt. XXI,7; oðri n. pl. masc. XXI,8; sêgni acc. sg. XXI, 8; diu segni n. sg. XXI, 11; (elni geändert zu elno XXI, 8 rd.); gloêdi n. pl. XXI,9; hlingindi gen. pl. part. XXI, 12; dægi d. sg. XXI, 14; petri d. sg. XXI, 15; ðu ði (=pe?) XXI, 17; cueði 1. sg. ind. XXI, 18; fylgendi acc. sg. masc. XXI, 20; giræsti 3. sg. ind. praet. XXI, 20; gcuuni inf. XXI, 22; syndrigi acc. pl. neutr. XXI, 25; mægi 3. sg. opt. praes. XXI, 25; aurittenni inf. XXI, 25; gihamadi 3. sg. praet. 188, 7; cuðberhti d. sg. 188, 8. 10; sancti d. sg. 188, 10. Mit einem alten etymologischen i haben wir es hier also keinesfalls zu thun; vielmehr erinnert diese verwendung des buchstabens in unbetonter silbe lebhaft an die schreibart nordenglischer texte des 13. und 14. jahrh. Die aussprache mag ungefähr wie die heutige oberbairische in unbetonter silbe gewesen sein (vgl. ha'bi, gšerti, koan', glerti). Eine erklärung für das plötzliche auftauchen des i bei einem schreiber, der dicht daneben übrigens auch die sonst üblichen endungsvokale richtig schreibt, lässt sich nicht leicht geben, vielleicht darf man an einen wechsel der vorlage denken, wenn auch der biedere Aldred versichert, sich allein um die übersetzung des evangeliums verdient gemacht zu haben. In dieser neuen vorlage mochte das archaische i bewahrt sein; von unserm schreiber, der das nicht mehr verstand, wurde es dann ohne regel auch für andere endungsvokale eingesetzt. Die Skeat'sche erklärung für gi neben ge "Preface" p. X scheint mir unwahrscheinlich.

Was die darstellung des stoffes betrifft, so habe ich mich. streng nach der einteilung in der Sievers'schen grammatik gerichtet und bin namentlich überall vom westgermanischen lautstande ausgegangen, der ja doch für das anglische ebenso gut wie für das westsächsische die vorstufe bildet. Für die verschiedenen lauterscheinungen alle belege, bezw. die gesammtzahl der einzelnen anzuführen, lag nicht in meiner absicht, da ich ja hier überall auf Cook's erschöpfendes

"Glossary" verweisen durfte. Auch die rein graphischen varianten, namentlich die ganz bedeutungslose scheidung von æ und ae S. § 6 anm. 1, sowie das nebeneinander von u und w bezw. uu, uw, wu habe ich nur in gewissen fällen besonders berücksichtigt; genaue angabe dar schreibart findet sich ebenfalls bei Cook.

Teil I. Lautlehre.

Erster abschnitt: Vokalismus.

A) Die vokale der stammsilben.
Kapitel I. Kurze vokale.

§ 1. -a-.

1) In ursprünglich geschlossener silbe erscheint westgerm. a in unserm denkmal fast durchweg als a wie im ws. Die belege sind zahlreich sowol vor einfacher oder doch nur vom schreiber verdoppelter, als auch vor mehrfacher konsonanz. Beispiele für die erstere gruppe bieten zunächst die 1. 3. sg. des praeteritums der starken verba nach klasse IV und V (s. auch unter stammbildung der starken verben): bædd XIX, 38; gebad IV, 47; gebær XIX, 5; gebræc XIII, 26; cuæð VI, 36. 65; XIII, 33 etc. (nebst zusammensetzungen 127) (daneben cued s. unten und cweð mit graphischen varianten s. unter w-einfluss); ongæt V,6; XII, 9; ongætt VI, 15; XVI, 19; XVII, 25 (2); (daneben ongeat I, 10; IV, 1; s. unter wirkung vorausgehender palatale); gelæg V, 3; sæt Prf. 6, 13; VIII, 2; IX, 8; gesætt IV, 6 (6) (daneben set Mt. Prf. 21, 2; sett Pt. Prf. 19, 8); spræc Prf. 4, 4; XV, 11; XVI, 6; XVI, 25; spræcc X, 6; XVII, 1; spræc XVI, 33 (einmal sprêc = locutus est s. unter stammbildung der starken verben); ferner das praeteritum der wurzel wes: was Prf. 1,5; 2, 2. 3; III, 23 etc. (203); uæss IX, 25 (daneben was Mt. XXI, 42; Mk. XVI, 2; L. XXII, 59; węs Mt. Prf. 8,7; 20,7; II, 3; vgl. S. § 49 anm. 1); nas VII, 39 (3); næss XI, 15; ebenso das praeteritopraesens mæg V, 19. 30; sowie der imperativ des starken verbums nach VI fara: fær VII, 3; doch vgl. auch S. § 49 anm. 2; und Bülbring, Anglia, Beiblatt IX, 89-91.

Weiter sind hier zu nennen af S. § 51; II, 17 S. § 43 anm. 4; æt, æd Prf. 4, 3; III, 23;

§ 130 in æfista VIII, 38; XI, 20

(10); aet-, aed- Prf. 7, 13; V, 20; X, 32; XXI, 13 (37); (wegen -td s. unter dentalen); bæcg XVIII, 6; bæccling VI, 66; bægcgling XX, 14; bærlice XVI, 29; -dæg V, 9. 10; IX, 14; gærs VI, 10 (mit metathese aus græs); fætt XIX, 29; lehtfæt V, 35; glæd III, 29; glædnise Prf. 7, 16; III, 29 (5); huas XIX, 24; huæt, huæd Prf. 3, 13: 7,5. 11; II, 25 etc. (54); das Prf. 1, 3. 12; 2,6; I, 27 etc. (56); dat III, 19; V, 2; VI, 21 (gewöhnlich wiedergegeben durch † (182)).

Neben æ ist einmal ge- oder wol richtiger verschrieben eœ in beædd XIX, 12.

Vor mehrfacher konsonanz findet sich a bei: æfter- Prf. 1, 1; IV, 46. 54; VIII,2; (efter) XII, 22; fæst III,33; V,30; XVII, 25 etc. (7); fæstlice III, 18; VII, 41; IX, 22 (8); gebrægd XVIII, 10; gefrægn IV, 52 (daneben gefraign XVIII, 7. 19; s. unter north. diphthongen und gefregn Mk. V, 9); in den partizipien praet. von habba und sæcga, die ohne westgerm. mittelvokal gebildet sind, S. § 415, 1: hæfde, næfde etc. Prf. 4, 2; IV, 18; IX, 41; XV, 22. 24 etc.; sægde Prf. 6, 4; I, 15; III, 28; XI, 46; XIV, 2 etc.; gesægd Prf. 3, 3; 8, 1, bei hræglum XIX, 40; huæðre VI, 6; VII, 13; XIII, 7; (daneben huedre Prf. 4, 2; IV, 27; IX, 41; XIII, 13 (7)); huoedre Prf. 2, 4; X, 6; XV, 22; XVII, 25 (7). (Auch für das verhältnis dieser beiden formen gilt wohl, was S. § 342 anm. 1 zu hwæder: hweder, hwoeder bemerkt, dass nämlich die letztern beiden auf altes e hinweisen); in dem einmal belegten dætte IV, 34 (gewöhnlich bezeichnet durch pte (341); þtte IX, 29; þti XXI, 25). Auch wo die ursprünglich geschlossene silbe durch sekundäre lautentwickelung im ags. offen wird, oder wo sich ein sprossvokal einstellt, bleibt dies æ: hrægl XIX, 5 s. oben; uæstm XII, 24; XV, 2. 5. 8; hier schwand das h (vgl. *wahsan), ehe es brechung und weiterhin palatalumlaut hervorrufen konnte, s. S. § 165 anm. 3; fæðem I, 18; (monn)-mægen XVIII, 3; uæstem Prf. 2, 6. 6, 15; IV, 36; XV, 2. 4. 16.

e kommt abgesehen von den schon erwähnten fällen nur vor in hehstald, -nise Prf. 1, 2. 3. 4. 5 (6) von Cook sonderbarerweise als héhstald angesetzt in der schreibung scheint allerdings eine anlehnung an héh = ws. hêah vorzuliegen. cueð II, 21. 22; III, 12; VIII, 24 etc. (mit zusammensetzungen 70, s. oben) verdankt sein e dem regellosen durcheinander, das in der schreibung dieses wortes herrscht, wie sich andererseits

auch oft genug e im praes. findet, näheres s. unter stammbildung der starken verben, vgl. S. § 391 anm. 10.

a weist auf ah(ac) und seine zusammensetzung mit ne: Prf. 3, 5. 15; III, 15. 16; IV, 12. 29. 35 etc. (128). Hier verhinderte wohl die satzunbetontheit die erhöhung zu æ, s. S. § 49 anm. 1.

æ findet sich in folgenden lehnworten: massa VII, 2; sægnade VIII, 48; für vulgärlat. è bezw. i s. Pogatscher p. 2-7; und in dæccille Prf. 4, 12; paccille V, 35; dæccillum XVIII, 3, das sicherlich eine beiform zu facula - fæcele ist. Wegen des anlauts s. Kluge, Et. wb. die artikel über "dämmerung” und "finster".

æcclesiæ 188, 1 hat wohl als lat. wort zu gelten, dessen schreibung dem ae. angenähert ist.

2) In ursprünglich offener silbe erscheint westgerm. a, teils als a, teils als œ.

a steht, wenn die folgesilbe einen der gutturalen vokale a, o, u enthält:

Beispiele aus der flexion des verbums sind: aron XVII, 22; aro XIII, 11; arun XXI, 16 rd.; aru VIII, 41; gefara I, 43; gegladade VIII, 56; hafo IV, 32; X, 18 etc. (9); hafu IV, 17; V, 36; gelaðad Prf. 1, 9; magon VIII, 22; Prf. 7, 10 etc. (4); mago V, 44; VIII, 6; XIV, 5 etc. (8) (daneben einmal magon XIII, 36 s. unten); geondsuarade III, 10; V, 19; geondsuarede I, 50; IV, 13 (7) (daneben auch formen mit wurzelvokal æ, ea, o S. § 416 anm. 13c, s. unter stammbildung der schwachen verba II); getaled VI, 10; S. § 414 anm. 4. Anderweitige belege: dagas Prf. 6, 11; IV, 40. 43 etc.; dagum Prf. 3, 13; 8, 6; II, 12. 19 etc.; dagana XX, 1. 19; fadores I, 18; II, 16 etc.; fadrum Prf. 2,2 (-dr bewirkt keinen silbenschluss); fatto II, 6; lehtfatum XVIII, 3; hraður XX, 4; nacod XXI, 7; monnslaga Prf. 5, 16; sacleas XV, 25 (nur scheinbar geschlossene silbe, da ursprünglich sacu bestand, ebenso tal VI, 10, das aber eigentlich für tale steht und zur nächsten gruppe gehört); sadal XII, 14 (= asald?); foresaga 187, 14; stafum V, 47.

Bemerkung. a erscheint als æ in einer reihe von wörtern, in denen auf den ursprünglich gutturalen vokal der mittelsilbe ein i folgt oder folgte, vgl. S. § 50 anm. 2: hlætmesta VI, 39; VII, 37; hlætmestæ VI, 54; lætmeste XVI, 23 etc. (10) (<*latumist).

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