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Londoner elemente sind am stärksten vertreten bei dem ältesten John Paston, weniger stark, doch immerhin überwiegend bei seinen beiden gleichnamigen söhnen; bei William Worcester und Margaret Paston scheinen beide einflüsse gleich stark zu sein, während John Fastolf und der jüngere William Paston eher nach Oxford neigen dürften.

(§ 390) Alles deutet darauf hin, dass in Norfolk während des 15. jahrhunderts von einer schriftsprache, oder auch nur von einer deutlichen tendenz zu einem bestimmten sprachtypus noch nicht die rede ist. Vielmehr scheinen mannigfache einflüsse sich zu kreuzen, und das ergebnis ist ein verschiedenes je nach der persönlichkeit des schreibers und nach der litterarischen gattung, zu der ein denkmal gehört. Nur die urkundensprache hat sich völlig dem Londoner vorbild angepasst, sonst ist noch alles im flusse. Interessant ist aber, mit welcher folgerichtigkeit trotz des fehlens eines allgemein anerkannten musters einzelne formen festgehalten werden, wie einige schreiber nur than, whan verwenden, andere nur then, when, ebs. land und lond, stande und stonde, eny, any und ony, outher und either, pepell und puple, her und ther, such und syche, whech und which usw.

(§ 391) Aus Suffolk war das material weit weniger reichhaltig; aber doch auch hier sind wenigstens zwei litterarische gattungen vertreten, urkunden und dichtungen der Chaucerschule (Lydgate und Bokenam). Nach der geographischen lage Suffolks sollte man erwarten, dass nördliche einflüsse geringer, Londoner einfluss noch stärker wäre als in Norfolk. Jedoch entsprechen die thatsachen nur teilweise diesen vermutungen. Bokenam schreibt eine etwas südlichere mundart als Capgrave (es fehlt -and im pz., ae. ā erscheint nur als ō, -e ist weniger häufig abgefallen); Lydgate stimmt zwar in diesen punkten mit Bokenam überein, aber er hat wieder nördliche elemente, die dieser und Capgrave nicht kennen (-s in der 3. sing. und plur.). Die testamente dagegen sind auffallend nördlicher als die etwa gleichzeitigen Norfolker schriftstücke, sie haben z. b. zweimal -and im pz. prs. und oft qw < hw; d. h. die alten provinzialismen sind hier weit getreuer bewahrt. Und während in den Norfolker urkunden so gut wie nichts an Oxford erinnert, haben wir in den testamenten deutliche berührungspunkte mit Wycliffe und Pecock; der Londoner sprachgebrauch Anglia. N. F. XII.

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hat längst nicht so ausschliesslich zum muster gedient. Umgekehrt aber finden sich bei Capgrave auffällige übereinstimmungen mit Oxford, nur ganz vereinzelt dagegen bei Bokenam, überhaupt nicht bei Lydgate. Dies ergebnis ist zwar überraschend, aber nicht unerklärlich. Bei den Paston Letters zeigte es sich, wie viele individuelle züge die sprache jedes schreibers noch trägt, es kann daher nicht befremden, dass auch Lydgate und Bokenam ihre individuellen besonderheiten haben. Und was die urkunden anbetrifft, so lagen in Norfolk schriftstücke aus verschiedenen teilen der grafschaft vor, die wohl ein richtiges bild von der sprache der ganzen gegend gewähren können, während wir in Suffolk lediglich auf testamente aus Bury St. Edmunds angewiesen sind. Diese stammen zudem sämtlich aus der bischöflichen kanzlei, so dass ihre sprache sehr wohl durch die individuellen besonderheiten einer einzelnen persönlichkeit, etwa des bischofs oder kanzleivorstehers beeinflusst sein kann.

(§ 392) Die dritte grafschaft, über deren sprache einige, wenn auch nicht gerade sehr umfangreiche belege vorhanden sind, ist Worcester. Hier zeigt sich in charakteristischem gegensatz zu allen anderen quellen ein überwiegen der Oxforder elemente; es ist auch nicht auffällig, dass diese gegend geringeren einfluss von dem fernen London empfing, als von der nahe gelegenen universitätsstadt.

IV.

Die sprache des ersten druckers.

(§ 393) Es bleibt noch übrig, die sprache Caxtons zu untersuchen. Dieser stimmt überein

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westlicher

a) mit den Oxfordern: 1 Ziemlich häufig länge vor dehnenden konsonantengruppen (§ 28), doppelformen für 2 movoir, 3 prover (§ 125), nie 1e < y + nd (§ 145), oft 5 i < ə (§ 150), nie s in der 3. sing. (§ 285), nördlicher ausgleich der 1., 3., 4., 5. ablautreihe, ausgleich in der 3. reihe; übertritt der 6. klasse zu den reduplizierenden verben (§ 251 a ff.), 10 seltenheit von Apokope in den verbalendungen (§ 164, 313); dazu das fehlen von 11 any, das in Oxford sehr selten, in

den Londoner urkunden dagegen häufig ist (§ 61); ferner dürfte es 11 auf Oxforder einfluss beruhen, wenn a vor nd keineswegs so häufig ist, wie in den gleichzeitigen Londoner staatsurkunden (§ 37).

b) mit Chaucer höchstens 11a, sodann 12 than und then, 13 whan und when (§ 32), 14 a, 15 e + sc (§ 39, 75),

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e < ie (§ 51), 17 self (§ 246), 18 such (§ 249), auch 19 y (§ 145)?

c) mit den Londoner urkunden: 12-18, 19? ferner 11a and (§ 37)?, 20 or neben er, 21 zweimal ware (§ 63), 22 suster (§ 74), 23 moche (§ 145), 24 -on (§ 151), meist 25 them, 26 their (§ 240, 242), 27 plur prs. meist -e (§ 294), 28 pz. pt. meist -en (§ 312); dazu 29 hie und heye, 30 eye (§ 85)?

d) nördliche elemente, die in den genannten quellen nicht zu belegen sind, dürften sein: überwiegendes 31 late

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(§ 62, vgl. PL), 32 w < v (§ 171); dazu 33 e < i- (§ 49). Eine beeinflussung Caxtons durch Chaucer ist nicht nachzuweisen; denn er stimmt nur an solchen punkten mit ihm überein, wo auch die Londoner urkunden dieselben formen zeigen. Am meisten dürfte Caxton durch die Londoner urkundensprache bestimmt worden sein; die unter b) und c) angeführten punkte 14-18, 20, 24-28 sind Oxford gegenüber charakteristisch. Aber auch ein einfluss Oxfords ist sicher; dafür sprechen punkt 1, 5. 6, 11a, besonders aber 7,78 (vgl. § 365 anm.). Ferner erinnert 10 (man vgl. dazu die etwa gleichzeitigen urkunden von E und R) auffallend an die konservativen neigungen Pecocks und der jüngeren bibelfassung. Bemerkenswert ist, dass Caxton noch einige nördliche elemente kennt, die später ausgeschieden wurden (31-33) und dass er überhaupt in vielen punkten doppelformen besitzt, die jetzt vereinfacht sind (1, 2, 3, 11, 11a, 13, 20, 21, 25, 26, 27, 28, 29).

V.

Die schriftsprache.

(§ 394) Zweierlei dürfte sich aus den vorstehenden untersuchungen deutlich ergeben:

1. Die sprache von London und die sprache von Oxford dienten im 15. jahrhundert weiteren

kreisen als muster; in London und Oxford entstanden schriftsprachliche tendenzen.

2. Caxton vermittelte zwischen beiden sprachtypen; er hat damit die englische schriftsprache geschaffen. Diese enthält neben überwiegenden Londoner auch Oxfordische elemente.

(§ 395) Es sei mir gestattet, meine beweisführung noch einmal kurz zusammenzufassen:

Am ende des 14. jahrhunderts bestehen gewisse unterschiede zwischen Oxforder und Londoner sprachgebrauch. Ein denkmal aus dem Oxforder kreis von etwa 1460, und Londoner quellen von 1483 haben diese unterschiede im wesentlichen bewahrt. Da es sich (mit einer ausnahme) nicht um dialektische verschiedenheiten handelt, glaube ich, dass in London und Oxford eine einflussreiche sprachtradition bestand. 1)

Denkmäler aus Norfolk, Suffolk und Worcester zeigen neben allerhand heimischen eigentümlichkeiten deutliche anklänge an beide sprachtraditionen. Wo wir eine längere entwicklung verfolgen können, nehmen die heimischen elemente ab, die erwähnten anklänge werden stärker. Dies deutet auf sprachmuster, nach denen weite kreise des landes sich richteten.

Die meisten quellen zeigen bedeutsame anklänge an den Oxforder und den Londoner typus; es wurden also beide traditionen im Lande nachgeahmt.

Elemente beider sprachtypen finden sich bei Caxton und im gegenwärtigen Englisch, sie sind also durch diesen in die heutige schriftsprache gedrungen.

(§ 396) Die hier ausgesprochene ansicht widerspricht mehr oder minder den bisher vorgetragenen theorien. Aber die thatsachen scheinen mir keine andere schlussfolgerung zu gestatten.

ten Brinks annahme, dass Chaucer der schöpfer der schriftsprache gewesen sei, halte ich schon aus allgemeinen

1) Kurz vor vollendung des druckes wird mir eine abhandlung Skeats bekannt, die aus sprachlichen gründen eine bedeutende Oxforder schreiberschule annimmt, der u. a. Pecock angehört (Transactions of the Philological Society 1898, s. 219), ein ergebnis, das sich mit dem meinen teilweise deckt.

erwägungen für unmöglich. Eine lebenskräftige sprache wird in erster linie von dem sprechenden volke fortgebildet und nicht von den kreisen des feineren bürgertums und der hofgesellschaft, für die Chaucer in erster linie schrieb. Nur ein grosser volksdichter könnte auch der sprachmeister seines publikums werden, und ein volksdichter war Chaucer nicht; seine verdienste liegen auf einem anderen gebiet. Man vergleiche die Canterbury-geschichten mit dem volksmässigen Beryn; der unterschied springt in die augen. Wo das volk zu dichten begann, wählte es andere versmasse und einen anderen stil; auch seine sprache war nicht die Chaucersche. 1)

(§ 397) Ferner sprechen die ergebnisse unserer untersuchungen deutlich gegen ten Brinks theorie. Auffällige übereinstimmungen mit Chaucers sprache sind nachzuweisen bei Hoccleve, Lydgate, Bokenam, Capgrave, sonst nirgends, nicht einmal bei den verhältnismässig gebildeten Pastons. Und was das wichtigste ist, nur in Capgraves poetischem werk; seine prosa erinnert nicht an Chaucer, sondern an den sprachgebrauch Oxfords und der Londoner urkunden. Chaucers einfluss ist über die kreise seiner nachahmer nicht hinausgedrungen, und auch deren sprache hat er nicht nachhaltig beeinflusst. Wer durch den vielbewunderten meister zu eigenem poetischen schaffen angeregt wurde, bemühte sich in stoff, technik und stil dem grossen vorbild möglichst gleichzukommen, und zum stil gehörte die sprache. Man bediente sich ihrer als eines kunstmittels; die prosa des gewöhnlichen lebens wurde davon nicht berührt.

(§ 398) Ebenso unmöglich scheint mir die behauptung von Koch, dass Wycliffes Bibel der ausgangspunkt der schriftsprache geworden sei, etwa wie in Deutschland die übersetzung Luthers. Aber abgesehen davon, dass die neuere forschung den sprachlichen einfluss des deutschen reformators weit geringer anschlägt, als man es früher zu thun pflegte, so hat Wycliffe doch bei weitem nicht dieselbe rolle spielen können, wie Luther. In Deutschland war die neue lehre nach kurzer zeit das offizielle bekenntnis der meisten staaten; in Eng

1) Dasselbe meint wohl Morsbach 168: 'Der kunstpoesie . . . . kann überhaupt nur ein beschränkter einfluss in diesen dingen zugestanden werden'.

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