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Diese Ausstellungen könnten leicht noch bedeutend vermehrt wer den. So ist die Interpunction an manchen Stellen willkürlich und mangelhaft und von Versmaß ist zuweilen keine Spur zu sehen; auch kommen unerträgliche Härten vor, z. B. S. 33, 3. 8: Jed' Temp'ratur, und ähnliche, die leicht vermieden werden konnten. Bei allen Feh

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lern aber enthält das Gedicht, wie gesagt, sehr viel Vortreffliches; um so mehr ist es zu bedauern, daß wir keine Hoffnung haben, mehr Gutes und Ausgezeichnetes von demselben Dichter zu erhalten, nicht als wenn Herr Scherenberg, durch den Beifall aufgemuntert, uns nicht mehr möchte geben wollen, aber er darf es seines Ruhmes wegen nicht. Versucht er es, so wird er entweder sich selbst nachahmen und in Manier verfallen, oder wenn er sich überbieten will, wird er unverständlich werden und in Bombast untergehen. Auch in keiner andern Gattung wird Herr Scherenberg sich je mit Glück versuchen, am wenigsten in der Lyrik. Seine Form ist viel zu schwerfällig und der Sinn für Rhythmus scheint ihm zu fehlen. Also ruhe er auf den durch dieses Werk errungenen Lorbeeren und rufe sich selber zu: Sat est potuisse videri!

Beilage.

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In Antwerpen lagen wir mehrere Tage still, um unsere Verhältnisse zu Wellington zu ordnen, unter dessen Anführung unsere Hanseatische Legion gestellt war. Ich benußte diese Tage zu einem Ausfluge nach Brüssel und dem nahen Schlachtfelde, indem ich mich dem Stabe unseres Bataillons anschloß und dadurch nicht wenig an Orientirung und Einsicht in den Hergang der Schlacht gewann. Von dem Pachtgute La Haye Sainte aus, als dem Centralpunkte des ganzen Kampfes, übersicht man das Schlachtfeld am besten. Der Meyerhof selbst zog zunächst unsere Aufmerksamkeit auf sich; er ist, wie die meisten Bauerhöfe des nördlichen Frankreichs, im Viereck gebaut, deffen Seiten einen etwa 80 Schritte im Quadrat haltenden Hofraum einschließen. Ein großer Thorweg führt von außen auf diesen innern Hof, der von den Wirthschaftsgebäuden umgeben ist. Allenthalben waren Schießscharten in die massiven Wände gebrochen, aus denen hannoversche und englische Scharfschüßen den Französen unendlichen Schaden zufügten, bis nicht sowohl eine Batterie französischer Feuerschlünde, als vielmehr der Mangel an Munition die

tapfere, bis auf. die Hälfte eingeschmolzene, rings vom Feinde eingeschlossene Schaar den Ort zu verlassen zwang. Sie gelangten glücklich zu den Ihrigen, indem sie den Augenblick wahrnahmen, als die Franzosen, von englischer Cavallerie verfolgt, zum ersten Male von der englischen Linie zurückgeschlagen wurden. Erst hinter La Haye Sainte sammelte die flüchtigen Feinde der Marschall Ney zum neuen Angriff. Diesen Augenblick nahmen die Eingeschlossenen wahr, um abzuziehen, während andere Truppen ihre Stelle einnahmen, die jedoch dem ungestümen Angriffe Ney's nicht lange widerstanden und meist im Hofe und Garten ihren Tod fanden.

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Den ersten Theil des Kampfes hatte der unglückliche Besizer des Hauses, mit seiner Familie im Keller versteckt, unter Todesangst mit ausgehalten. Auch er nahm den Augenblick des Zurückweichens der Franzosen wahr, um mit den Seinigen zu entrinnen, und Alle ges langten, wiewohl mehrmals in Gefahr, überritten zu werden, glücklich hinter die englische Schlachtlinie in Sicherheit. Der Pachter war von dem Ausbruche der Schlacht überrascht worden; er hatte an jenem Morgen nicht gedacht, daß der Kampf gerade um sein friedliches Haus ausbrechen würde. Wir fanden ihn wieder in sein Besißthum zurückgekehrt, aber noch war er an Körper und Geist leidend. Seine Frau hatte, wohl mehr aus Schrecken, als durch den rauschenden Kanonendonner, der keinen Augenblick ausseßte, das Gehör verloren. Merkwürdiger Weise aber war in den keineswegs bombenfesten Keller bis zu dem Abzuge der Familie keine Kugel gefallen, weil die Kanonen zur Zertrümmerung der äußeren Mauern horizontal, die Wurfgeschüße aber auf den Hofraum gerichtet waren, um die in denselben vermutheten Krieger zu vernichten. Zum Glücke für die Vertheidiger war das breite Thor von der Angriffsseite hinweg nach Norden der englischen Front zugekehrt, sonst wäre es durch Kanonenschüsse zertrümmert und das Haus mit Sturm genommen worden. So aber bot die kleine Festung, welche auch die Fenster des Wohnhauses nach derselben Seite gerichtet hatte, den kühn herannahenden Feinden nirgends einen Angriffspunkt dar, und die sich dennoch heranwagten, entgingen den wohlgezielten Schüssen der Büchsen nicht. Das Haus also mit Erfolg von vorn anzugreifen, war Anfangs, weil die Angreifenden in das Feuer der nahen englischen Schlachtlinie geriethen, nicht möglich. Eine entseßliche Verwüstung aber war rings um dieses Haus angerichtet. Im Garten, der sich als ein Oblongum von be

deutendem Umfange dem Hause nach Süden anschließt, hatten die Schüßen anfangs sich hinter der dichten Dornhecke, die auswärts von einem ansehnlichen Graben umgeben war, und hinter den einzelnen Obstbäumen postirt, und aus diesem Umstande den anrückenden Franzosen durch ihre gefürchteten, sicheren Büchsenschüsse großen Schaden zugefügt. Das Terrain war so recht geeignet, diese fürchterliche Waffe, die jene verschmähen oder wegen ihres lebhaften, unruhigen Temperamentes nicht mit Erfolg zu führen fähig sind, da die Handhabung der Büchse ungemeine Ruhe erfordert, den Feinden bekannt zu machen. Ein Oberst und viele Stabsoffiziere wurden ihnen erschossen. Darauf stürzten sie wüthend heran; die Jäger zogen sich in das mit Schießscharten versehene Haus zurück und richteten von hier aus in den Reihen der durch Gräben und Hecke aufgehaltenen Feinde ein noch größeres Blutbad an. Diese wichen zurück, indem sie den Garten, mit Leichen übersäet, verließen, drangen auf's Neue vor, gelangten bis an das Haus und stießen wuthschäumend die Bayonnette in die untere Reihe der engen Schießscharten, aus deren Dunkel ihnen der gewisse Tod entgegenkrachte. Dann versuchten sie das Haus zu umgehen, die Thür und die Fenster zu gewinnen, wurden hier aber von dem wohlgerichteten Feuer eines in der Nähe stehenden schottischen Regimentes so nachdrücklich empfangen, daß sie dieses Unternehmen aufgaben und abermals in eilfertiger Flucht den Garten räumten. Darauf brausten die feindlichen Schaaren, ohne sich für den Augenblick weiter mit der Haye Sainte ernstlich zu beschäftigen, immer durch das Feuer aus dem Meierhofe geneckt und gelichtet, in dichten Colonnen vorbei, deployirten wie der Bliz vor dem linken Flügel der Engländer, und durchbrachen, von ihren 12 Cuirasster - Regimentern unterstüßt, mit wildem Ungestüm die erste englische Schlachtreihe, wurden aber hier von der englischen Cavallerie mit solchem Nachdruck angegriffen, daß sie zurückwichen und den errungenen Vortheil unter großem Verluste aufgeben mußten. In wilder Unordnung stürmten sie dann neben dem Pachthofe zurück. Bei dieser Gelegenheit wurden zwei französische Batterien von den Engländern genommen, aber aus Mangel an Bespannung nicht mit fortgebracht. Ein französisches Cuirassier-Regiment wurde damals im wörtlichen Sinne von den englischen Dragonern mit ihren kolossalen, gegen sechs Fuß hohen Pferden über den Haufen geritten. Mein Gewährsmann in diesem Particularberichte, ein in Antwerpen an einer Schußwunde im Ober

Archiv f. n. Sprachen. IX.

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schenkel daniederliegender, schon halb genesener Feldwebel der deutschen Legion, der von allen diesen Vorgängen in jener wohlverwahrten Veste ein mitwirkender Augenzeuge gewesen war, erzählte mir, er habe seinen Augen nicht getraut, wie die ganze französische Cuirassierlinie, die jenes Regiment bildete, plöglich an den Hinterbeinen der Pferde zusammenknickte und dann Roß und Mann überschlugen. Den Rückzug der Franzosen benußten, wie gesagt, die Schüßen in La Haye Sainte, von Andern abgelöst zu werden; drum bis hieher der Bericht jenes Augenzeugen. Das Haus selbst fanden wir in einem merkwürdigen Zustande; es war von Kanonenkugeln wie ein Sieb durchlöchert, denn die Zwischenräume der Löcher in Süden und Norden wenigstens waren selten einen Fuß breit. Die anderen Seiten hatten weniger gelitten, weil sie nur kurze Zeit und zwar von einer der Batterien, die nachmals von den Engländern genommen wurden, beschoffen worden waren. Dennoch stand das massiv erbaute Haus aufrecht da, eignete sich aber in seinem jeßigen Zustande eher zu einem Trockenhause für nasse Wäsche, als zu einer menschlichen Wohnung. Uebrigens waren die Kugellöcher meist nur von drei bis vier Zoll Durchmesser, und rein, wie durch Kernschüsse von Zwölfpfündern herausgebohrt. Im Hofe lagen noch eine Menge Trümmer gesprungener Granaten, auch mehre ungesprungene, in denen noch Reste des erloschenen Zünders hingen. Frische Blutspuren sah man in allen Räumen in Menge. Man hatte, nach Versicherung des Besizers, über 500 Leichname, die meistens von Kanonenkugeln zerrissen oder von gesprungenen Granaten getödtet waren, aus diesem Schlachthause hinweggeräumt. Im Garten lag eine viel größere Zahl. Dieser, in welchem der erste Act des großen Trauerspiels aufgeführt wurde, lag noch ganz in seiner Verwilderung da. Von der dichten und hohen Dornhecke, die ihn umgeben hatte, standen nur hie und da einzelne kahle Stämme, die zum Theil durch Säbelhiebe angehauen waren, durch ihre beträchtliche Dicke und Härte aber denselben Troß geboten hatten. Von dem ziemlich tiefen und breiten Graben vor der Hecke sah man kaum noch eine Spur, indem das Ufer eingesunken war und ihn ausgefüllt hatte. Einzelne Fezen von Uniformen und, wie es schien, auch Hemden flatterten blutig an den nackten, entlaubten Dornen im Winde. Ein kleines Bosquet von niedern Gesträuchen war in den Boden getreten, so daß man sein Dasein nicht geahnt. haben würde, wenn der Besizer uns nicht von seinem vormaligen Vorhandensein unterrichtet hätte. Das Merkwür

digste im Garten aber waren die Baumstämme, die mit Kugeln wie gespickt erschienen. In einem einzigen Apfelbaumstamme, der etwa einen Fuß im Durchmesser hatte, zählten wir über 100 Streifschüsse oder Kugelhöhlen, die zum Theil zwei Zoll tief eingedrungen waren. Ich schnitt mir zum Andenken eine Anzahl Kugeln heraus, die ich nachher leider auf meiner Reise durch Frankreich verloren habe. Gern hätten mir Engländer, denen ich das später erzählte, für jede eine Guinee bezahlt. Man fah, in diesem Garten hatte es Kugeln geregnet; auch mochten die meisten in der ganzen Schlacht gerade hier verschoffen sein, auf einem Boden, um den man mehrere Stunden lang so blutig kämpfte. Eine andere Scene bot sich hinter dem Garten auf dem Ackerfelde längs der Chauffee dar. Die nächsten Breiten waren mit Weizen besäet gewesen, der in Aehren stand oder doch eine beträchtliche Höhe erreicht hatte. Da nahte sich das Kriegsgewitter, zog über die friedlichen Fluren und verheerte das Ackerfeld dieser fruchtbaren und von sanften Hügeln unterbrochenen Ebene stundenweit. Hinter der Haye Sainte hatten die zwölf französischen Cuirasster-Regimenter ihren Stand und zerstampften die Saaten, daß auch kein Halm mehr zu sehen und die Erde so schwarz war, als wenn sie frisch gepflügt gewesen wäre. Doch hatten wahrscheinlich vorher die Saaten den beiderseitigen Pferden zum Futter gedient. Man sah auf dem ganzen weiten Felde nichts, als tief in den Boden gedrückte Pferdehufe, einen an dem andern. Sie zeugten, wie weich der Boden durch den heftigen, an dem Tage vor der Schlacht und noch zu Anfang der Schlacht fallenden Regen gewesen war. Erst durch die Lufterschütterung mittelst 500 gegen einander donnernder Feuerschlünde hatten sich die Regenwolken Nachmittags zertheilt. Hier, wie zu beiden Seiten rechts und links von der Chauffee, war das Schlachtfeld mit zerbrochenen Waffen, Flintenkolben, Säbelklingen, Cocarden, Fezen von Uniformen, Riemen von Pferdegeschirr, Trümmern von Wagen und Kanonen, Papieren, besonders Briefen, französischen Chansons und Blättern aus dem Anhange des hannoverschen Gesangbuches, Bürsten, zertrümmerten kleinen Spiegeln, Kämmen, ja selbst Bettfedern und weiß Gott was für anderen Dingen, die man auf einem Schlachtfelde nicht erwarten sollte, bedeckt. Alles lag in wilder Unordnung durch einander, und doch war es nur die Nachlese von dem, was die Tausende von aus der Umgegend zur Beerdigung der Leichen aufgebotenen Bauern übrig gelassen hatten, die gewiß durch die Plünderung der Leichen für ihre Mühe reichlich

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