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Aber den Machthabern war seine Geißel doch zu scharf, und mehrere seiner Gedichte, unter anderen seine Arringa al senato sul decreto di abolizione de' frati, sind erst in neuerer Zeit gedruckt worden (bei Gamba Poes. Venez. Tom X.).

Ein Satyriker ganz anderer Art als Labia war Ang. Maria Barbaro, geb. 1726, geft. 1779. Während jenem die sittliche Entrüstung die Feder führte, folgte dieser nur dem Drange einer ungezügelten Spottluft. Da er in Portogruara geboren war, wo sein Vater die Stelle des Podestà bekleidete, so konnte er, obgleich aus pas trizischem Geschlechte, nicht in den großen Rath treten, und wurde deshalb ohne inneren Beruf Geistlicher, als welcher er verschiedene Staatsämter bekleidete. Mißmuth über seine verfehlte Bestimmung scheint seinen angebornen Hanz zur Satyre noch vermehrt zu haben. Von lebhaftem Geiste, mit beißendem Wiz und großen Anlagen zur Poeste ausgestattet, widmete er dem satyrischen Genre derselben seine Mußestunden, machte sich aber bald so viele Feinde, daß er nicht anders als von einem bewaffneten Diener begleitet auszugehen wagte. Sorglos und leichtsinnig im Leben, achtete er auch in seinen Gedichten die guten Sitten wenig. Deshalb und wegen seiner boshaften Ausfälle gegen bekannte Persönlichkeiten ist der größte Theil seiner Werke ungedruckt geblieben, darunter sein eben so wißiges als indecentes Lustspiel Anna Erizzo in Costantinopoli. Nur wenige, die von den genannten Fehlern ziemlich frei sind, hat Gamba (a. a. D. Tom XI.) bekannt gemacht, darunter eine treffliche Bearbeitung der bekannten Erzählung: die Matrone von Ephesus. Folgendes Epigramm ist von ihm:

El concier1) de la dona

Ogni momento el cambia;

Parigi ne da el ton

Quelo del cavalier e del mario

No va avanti ne indrio;

L'è costante, l'è quelo,

Per topè, per bandete e per cignon. L'è quelo che savè,

Quel concier feminil

Xe vario; ma el viril

L'è quelo alfin, l'è quelo de Moisè.

Marc' Antonio Zorzi, geb. 1703, geft. 1787, einer der vorzüglichsten venezianischen Juristen, war lange Zeit hindurch Mitglied des Gerichts der Vierziger, und bekleidete das ehrenvolle Amt eines Contradictors *). Er war ein Mann von sehr vielseitiger Bil

1) Acconciatura. 2) sapete.

*) Unserm Generalprocurator entsprechend.

dung, wie seine zahlreichen hinterlassenen Schriften beweisen, die theils wissenschaftlichen, theils poetischen Inhalts sind, von denen aber nur Weniges im Druck erschienen ist. Unter andern hat er Cicero's Briefe in die venezianische Mundart überseßt, für welche er eine leidenschaftliche Vorliebe hegte. Wir kennen von ihm eine kleine Anzahl reizender Canzonetten, welche den Verlust seiner übrigen Ge= dichte sehr bedauern lassen. Als Probe die folgende:

El cuor me dise
Che go un rival,
Ma no ghe credo.
Nè ben nè mal

No xe prudenza

Crederghe a lu.

Lu, per esempio
Me dise spesso
Che doveressi

Amarme adesso;

E pur per questo
M'ameu mo vu?

Um die Mitte des Jahrhunderts machte Giov. Pozzoboni, Buchhändler in Treviso (geb. daselbst 1713, geft. 1785), ein Mann von unverkennbarem poetischen Geiste, den Versuch, sich wiederum mehr dem fast ganz aufgegebenen Volkstone in der Poeste zu nä hern. Er hatte den glücklichen Gedanken, seine leichten und anmuthigen Gedichte zuerst im 3. 1744 in der Form eines Almanachs unter dem Titel lo schieson Trevisan (die Frage von Treviso), so genannt von dem grotesken Manneskopfe auf dem Titelblatte, herauszugeben. Der Versuch fand einen so unerhörten Beifall, daß schon von dem ersten Jahrgange gegen 40,000 Eremplare abgesezt wurden. Seitdem erschien Jahr aus Jahr ein ein neuer Jahrgang bis an Pozzobon's Tod, der den Beinamen des Schieson Trevisan mit ins Grab nahm. Sämmtliche in den verschiedenen Jahrgängen enthaltenen Gedichte P.'s erschienen gesammelt zu Padua, 1788 in 5 Bänden. 8. Es ist in dieser reichen Sammlung natürlich nicht Alles von gleichem Werthe. Aber P. hat unstreitige Verdienste um die mundartliche Poesie Venedigs, indem er die Mundart mit großem Glücke zu jener Gattung benußt hat, welche eine gefällige Mitte zwischen dem höheren Tone der Poeste und dem eigentlichen Volkstone hält. Hier folgendes Sonett von ihm zur Probe:

Cara Catina mia, son insognà

Una cossa, che a dirla me vergogno,

Son insognà (ma al fin l'è stato un sogno)
Che mi con vu me gera maridà.

Ma l'uno e l'altro gera desperà

Per aver fato sto grosso codogno;

Da una banda gavevimo el Bisogno,

E da quel' altra la Necessità.

Scontenti, malinconichi, afamai,
Ogni dì sempre più l'andava mal;
Mocolavimo 1) come renegai!

E senza bezzi e senza capital,
Pieni de cuche2), de miserie e guai,
Alfin semo redoti a l'Ospeal.

Se sto sogno bestial

El se verificasse, che nol so,

Staressimo pur freschi tuti do!

P. darf in so fern gewissermaßen als der Gründer einer neuen Schule in der venezianischen Poesie angesehen werden, als verschiedene Dichter nach ihm, Männer von seiner gebildetem Geist und ächtere poetische Naturen, mehr oder weniger in seine Fußtapfen traten und seine Manier bis zu der Form veredelten, in welcher fie in einigen Dichtern des gegenwärtigen Jahrhunderts erscheint.

Ehe wir diese nennen, müssen wir jedoch noch einiger Männer erwähnen, deren Werke, der höheren Gattung angehörend, von den Venezianern mit Recht zu dem Vorzüglichsten gezählt werden, was die Mundart aufzuweisen hat. Das erste sind die Cavei de Nina des paduanischen Arztes Gian Giacomo Mazzolà (gest. 1804), hundert Sonette zum Lobe des Haares seiner Geliebten, eine Nachahmung der bella mano des Giusto da Conti. Ihre ursprüngliche Zahl betrug nicht weniger als 500, aus denen des Dichters Freund, der Abt Meneghelli, 100 für den Druck auswählte. Sie erschienen zuerst in Padua 1785. 8. und sind nachher mehrmals wieder gedruckt worden. An Fülle der Phantasie, Gedankenreichthum und Schönheit der Sprache werden sie kaum von ähnlichen Producten übertroffen. Es weht wirklich ein Petrarca'scher Geist durch diese „Haare Nina's.“ Sie müssen aber im Zusammenhange gelesen werden, weil ihr Hauptreiz in der Mannigfaltigkeit der Wendungen besteht.

Gleichfalls angeregt durch ein Meisterstück der italienischen Poefie ist der Dithyrambus el vin Friularo de Bagnoli von Andrea Pasto (geb. 1746, geft. 1806), eine Nachahmung von Redi's Bacco in Toscana. Auch dies Gedicht rechnen die Venezianer mit Recht zu den Meisterstücken ihrer Literatur, namentlich in Beziehung

1) Bestemmiavamo. 2) debiti.

auf die Sprache, welche den ganzen Reiz und Reichthum der Mundart entfaltet. Es gab Anlaß zu mehreren Nachahmungen, die aber alle weit hinter P.'s Arbeit zurückblieben. Auch unter P.'s übrigen Gedichten, welche gesammelt zuerst in Padua 1806. 8. erschienen, findet sich manches Vortreffliche.

Unmittelbar an Pozzobon schließt sich Giambat. Bada, welcher noch im 2. Jahrzehend dieses Jahrhunderts am Leben war. Er segte den Schieson Trevisan unter dem Titel el novo schieson Venezian im Geiste seines Vorgängers mehrere Jahre hindurch regelmäßig fort. Ein Mann von fruchtbarer Einbildungskraft, blieb er indessen bei diesem Genre nicht stehen, und es sind nicht weniger als vier komische Heldengedichte aus seiner Feder geflossen, unter denen Lo Scaramuzza in 10 Gefängen am berühmtesten geworden ist. Außerdem haben wir von ihm eine Anzahl äsopischer Fabeln. Seine poetischen Werke sind vollständig Venedig 1800. 4 Bde. 8. gedruckt. Die Fabeln erschienen zuerst vollständig ebendaselbst 1816. 8. B.'s Poesteen wurden zu seiner Zeit sehr geschäßt und werden noch immer gern gelesen. Der Dialekt aber, dessen er sich bediente und den er selbst auf den Titeln seiner Werke vernaculo familiar venezian nennt, ist meistens der der unteren Schichten der Gesellschaft und deshalb für sprachliche Zwecke mit der gehörigen Vorsicht zu benußen.

Der lezte Dichter, deffen Blüthezeit noch ganz dem 18. Jahrhundert angehört, ist Francesco Gritti (geb. 1740, gest. 1811), bis zum Untergange der Republik Mitglied des Richtercollegiums der Vierziger, unstreitig einer der liebenswürdigsten Jünger der venezianischen Musen. Er hatte in früherer Zeit eine Anzahl italienischer Gedichte drucken lassen und war deshalb lange Zeit nicht zu bewes gen, die leichten in venezianisches Gewand gekleideten Kinder seiner Laune, auf welche er selbst wenig Werth legte, der Oeffentlichkeit zu übergeben. Sie sind deshalb meistens erst nach seinem Tode gedruckt. Aber sie werden seinen Namen erhalten, so lange es eine venezianische Mundart giebt, während seine italienischen Producte schon jezt vergessen sind. Seine vortrefflichen Fabeln haben ihm den nicht unpassenden Beinamen des venezianischen Lafontaine“ verschafft, und bilden nebst der chinesischen Erzählung il Brigliadoro (in zwei Gefängen) den Hauptbestandtheil seiner Werke. G. hatte sich nach französischen Mustern gebildet, und nicht mit Unrecht wird ihm der Vor

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wurf gemacht, die Mundart durch Gallicismen verunreinigt zu haben, ein Fehler, welcher allerdings für den Nichtvenezianer schwer zu bes merken ist. Seine Fabeln behandeln zum Theil die längst bekannten Stoffe, und wir wählen die erste der nachfolgenden Proben absichtlich unter diesen, um Gelegenheit zur Vergleichung mit andern Bearbeitungen zu geben.

Tuti sa, che là in campagna

Verso l'alba, senza falo

Canta el galo: cucuru.
Dona Cate da la late
Giusto alora leva su.

Con un passo la xe in stala
Là la monze 1) la Lucieta
La vacheta che savè2);
La prepara po la zara 3)
Con so late como el xe.

I casteli in aria.

L'altro zorno, andando a ponto 1)
Co la zara su la testa,
Scalza e lesta a la cità,
A bel belo un castelo
La s'ha in aria fabricà.

Oh! tre lire (la diseva)

De sto late ti ti trovi!
Tanti vovi 5) ti ha da tor;
Ti ha da darli per coarli")
A la chioca 7) del fator.

Mo no passa minga 8) un mese
Che te becola 9) el fomento
Più de cento bei pipi,
Che galline grasse e fine
Te deventa in quatro dì.

Che? la volpe? sì, marmeo 10)!
A vardarle no ti spendi,
Ti le vendi, ma co 11) ben!
Tio 12) un porcheto; povereto!
Vé co belo ch' el te vien!

L'è st' altr' ano da casoto 13);

Oh, che lardo! el fa la goba 14),
I tel roba 15) da la man;
Voi 16) cinquanta, voi setanta,
L'è 'l so prezzo come un pan.

Ti pol torte co sti bezzi

Una vaca!.... .ih, che panza!
Oe...... t'avanza un vedelon 17);
Varda, el salta, el se rebalta
Tra le piegore e'l molton 18).

A sto passo d'alegrezza

La fa un salto su la giara,
E la zara, tunfe 19). ...zo 20);
E schiao 21) late, bon dì Cate,
Vovi, porco, vaca e bò.

Done care, tegnì streto,

Cari amici, tegnì duro
Quel sicuro che gavè 22).
Mo i xe beli!.... ma casteli
Tuti in aria: lo vedè.

1) munge. 2) sapete, 3) giara. 4) punto. 5) uova. 6) covarli. 7) chioccia. 8) mica. 9) pizzicano. 10) eine Interjection gleichbedeutend mit no, per mia fe'! 11) come. 12) togli. 13) capanna. 14) lo scrigno. 15) te lo rubano. 16) voglio. 17) vitello. 18) montone. 19) ein Onomatopõetikon von einer mit Geräusch zur Erde fallenden Sache, unserem provinciellen Berdauß! oder ähnlichen entsprechend. 20) giù, 21) addio. 22) avete.

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