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Titels ihren Nugen ziehen. Irgend ein beliebiger Quacksalber hat eine Mischung von Kräutern erfunden, die dem Körper nicht schadet, gleicht verkauft er sie unter dem Namen von revalenta Arabica food, und verspricht Jedem, der davon Gebrauch macht, vollständige Herstellung seiner Gesundheit. Ein angehender Gelehrter schreibt ein Buch über Fischfang, the days of Fly-fishing, aber statt fein Werk mit dem bekannten angelsächsischen Worte zu bezeichnen, wählt er den Titel Salmonia, denn das ist weniger verständlich, scheint also etwas Neues und Unbekanntes zu enthalten. Der anlockende Titel soll dem Verfasser einen Namen machen, vielleicht seine Beförderung begründen, das Publikum veranlassen, sich das Buch anzusehen, zu bewundern und zu kaufen. Ein anderes Buch trägt den griechis fchen Titel bibliomania, nicht weil das neue Wort bezeichnender ist, als love of books, sondern weil es die Neugierde mehr reizt, und weil es Mode ist, einen sonderbaren Titel für die gewöhnlichsten Sachen zu suchen, um sie auffallend und neu zu machen. Es ist das derselbe unschuldige Kunstgriff, wie wenn man eine alte Ausgabe zu einer neuen macht, dadurch daß man einen neuen Titel drucken läßt. Wer möchte wohl gleich unter dem Titel British Mycology fich den Inhalt dieses Werkes denken können? Wollte der Verfasser etwa zu gleicher Zeit seine Kenntniß der griechischen Sprache zeigen, oder bloß der Mode huldigen? Daffelbe Haschen nach fremdklingenden Ausdrücken findet sich auch in der Bezeichnung von Erzeugnissen der Kunst, denn die Verfertiger oder Erfinder, die die Resultate ihres Denkens dem Strome der Vergessenheit entreißen, und zu gleicher Zeit den verderbten Geschmack des Publikums kigeln wollen, suchen auch auf diesem Gebiete nach dem Auffallenden.

Ein neues musikalisches Instrument wird durch den griechischen. Namen Apollonicon beim Publikum eingeführt, und so gegen die hochschlagenden alles Gewöhnliche verschlingenden Wogen des täglichen Lebens zu schüßen gesucht. Herr Bucheh kündigt sein Product an unter dem Namen prismatic trinoptic and dioptic dissolving lantern! und sollte es troß seiner Vorsichtsmaßregeln ihm weder Geld noch Ruhm einbringen, so hat er doch wenigstens die Genugthuung, dem Kinde seines Nachdenkens einen Namen gegeben zu haben, der über alle Namen ist. Einer Anführung weiterer Beispiele enthalte ich mich um so lieber, als ich glaube, daß das Gesagte schon hinreicht, um einen deutlichen Begriff von dieser neuen Nomenclatur zu geben

und die Producte selbst so marktschreierischer Natur sind, daß man sie nur mit Widerwillen lesen und hören kann. Während bei den wissenschaftlichen Ausdrücken das Bilden neuer Worte durch Entlehnen aus den klassischen Sprachen sich erklären und durch die Noth entschuldigen läßt, treten hier die Schattenseiten des menschlichen Charakters in aller Nacktheit gegen das Einfache, Kräftige und Natürliche in die Schranken, und unterstüßen einen Kampf zweier Elemente, der, wenn er wirklich zum Nachtheile des angelsächsischen Sprachstammes ausschlagen sollte, von Jedem, der es mit der englischen Sprache wohl meint, nur schmerzlich bedauert werden kann. Schon jezt erregt die Masse der neuen Worte, welche Chemie, Mineralogie, Technologie u. s. w. der englischen Sprache zu- und ins tägliche Leben einführen, ernste Besorgnisse; ein unbesonnenes Vermehren derselben kann uns nur unwillkommen sein, und zu dem Wunsche veranlassen, daß diese Richtung, welche die englische Sprache nur auf Kosten des angelsächsischen Elementes durch Entlehnen aus den klassischen Sprachen des Alterthums bereichern will, recht bald in einem Umschlagen der Mode ihren Untergang finden möge. Erst dann, wenn es wieder für einen Ruhm gilt, selbst über Gegenstände der Wissenschaft so einfach, klar und verständlich zu schreiben, wie Paley, Sir John Herschel und Sir Charles Bell es thaten, wird es dem angelsächsischen Elemente möglich sein, dem Andringen und Ueberhandnehmen der klassischen Worte sich mit Erfolg entgegenzustemmen und der englischen Sprache diejenigen Vorzüge zu bewahren, die zu ihrer Verbreitung in so hohem Grade beigetragen haben.

Göttingen.

G. Jäp.

Zur Kenntniß

der

mundartlichen Literatur

Italiens.

(Schluß zu Br. VII. S. 178.)

Das an werthvollen Erzeugnissen reichste Zeitalter der venezianischen Poesie beginnt mit dem 18. Jahrhundert und hat bis zum Ende des ersten Drittels des gegenwärtigen fortgedauert. Die Mundart, welche nun seit mehr als anderthalb Jahrhunderten in literarischem Gebrauche gewesen war, hatte einen Grad der Festigkeit und der feinen Ausbildung erlangt, welcher immer mehr zu ihrer Anwendung einlud. Der Staat Venedig zehrte nur noch an den leßten Ueberbleibseln seines Ruhmes von ehedem, aber in dem langsamen Todeskampfe der Republik, welcher die veränderte Richtung des Welthandels die Lebensadern abgeschnitten hatte, war der Sinn ihrer Bewohner für die Kunst derjenige, welcher sich am längsten erhielt. Der machthabenden Oligarchie muß es nachgerühmt werden, daß wenigstens ein Theil ihrer Mitglieder Muße und Geld, die der andere am Pharaotische oder in sittenlosen Orgien vergeudete, dem Schuße und der Förderung geistiger Interessen zuwandte. Die Künste füllten die Mußestunden aus, fie bildeten einen Hauptreiz der höheren venezianischen Geselligkeit, und ihre Förderung gehörte gewissermaßen zum guten Tone. Die Staatsinquisition, welche gerade damals eine um so größere Strenge entfaltete, je mehr sie den Boden unter ihren FüBen weichen fühlte, ließ dem Fluge der Phantaste ihrer Unterthanen in der Regel den freiesten Spielraum. Die Dichtkunst gehörte zu den Circenses der Republik. Die Abgeschlossenheit in sich selbst, welcher Venedig nach dem Verluste des Weltverkehrs verfiel, konnte nur dazu beitragen, den Localgeist zu vermehren und Alles das, was dem Umschwunge des Zeitenrades zum Troß in den venezianischen Sitten Eigenthümliches und Driginelles geblieben war, stärker hervortreten zu lassen. Venedig war troß seines Verfalls oder vielmehr gerade in

seiner Eigenschaft als großartige Nuine, poetisch genug, um sowohl Motive für die Dichtkunst herzugeben, als auch die Anschauungsweise seiner Bewohner poetisch zu erhalten, und dadurch mußte die Sucht, locale Stoffe, oder wenigstens die Stoffe in localer Anschauungsweise zu behandeln, zur rechten Geltung gelangen. Der Gebrauch der Mundart war weniger wie je davon zu trennen.

Aber schon im ersten Viertheil des 18. Jahrhunderts drohete der venezianischen Poesie eine gefährliche Klippe, die Unsittlichkeit, welche damals in der Republik einen so furchtbar hohen Grad er= reicht hatte, daß sie sich selbst in die Kunst auf eine bedauerliche Weise eindrängte. Die meisten Producte dieser Verbindung der Poesie mit der raffinirtesten Wolluft sind zum Glück für jene wie für die guten Sitten verloren gegangen, weil sie meistens nur handschriftlich circulirten und schwer zur Publication zu bringen waren, vielleicht auch, weil sie sich durch keine Vorzüge auszeichneten, welche den Inhalt und die Tendenz, wenn auch nur für Augenblicke, hätten vergeffen machen können. Den Repräsentanten der ganzen Schule aber kennen wir aus seinen nur zu zahlreich nachgelassenen Gedichten. Es ist dies Giorgio Baffo, venezianischer Patrizier, gestorben um 1768, als der lezte Sprößling seines sehr alten Geschlechts. Aus dem nicht sehr inhaltreichen Leben dieses Mannes (die Biographie universelle hat ihm einen Artikel aus Ginguené's Feder gewidmet) steht die merkwürdige Thatsache fest, daß er, welchen man zar' ¿§oxyv den Dichter der Wolluft und zwar in ihrer gröbsten Form nennen kann, weil er kaum eine keusche Zeile geschrieben hat, in seinem Privatleben sich der strengsten Reinheit der Sitten befleißigte, ja daß er selbst in seiner Conversation sich nie eine indecente Aeußerung erlaubte. Hiernach scheint es, daß Baffo die Poesie als eine Art von Fontanelle für seine unreinen Leidenschaften benuzt habe, und dieses Beispiel würde in der Geschichte der Literatur keineswegs vereinzelt dastehen. Ist es so, dann müssen wir in diesem Falle mehr als in irgend einem andern die unglückliche Mischung der Natur beklagen, die den Dichter zwang, seine Kunst zum Ablagerungsplaß für die bösen Säfte zu machen, welche den Menschen hätten verderben können; wir müssen es beklagen um jener Fülle von Phantaste, Geift, Wig und vollkommener Herrschaft über die Form willen, welche hierbei mit vergeudet wurde, und die auf edle Stoffe verwandt, Baffo zu einem großen Dichter gemacht haben würde.

Die Staatsinquifition, sonst gegen die Kinder der Phantasie ziemlich tolerant, verfolgte Baffo's Poesteen mit ungewöhnlicher Strenge, weniger vielleicht aus Achtung vor den guten Sitten, als um der Satyre willen, deren Geißel der Dichter schonungslos, namentlich gegen die Geistlichkeit, geschwungen hatte. Dennoch konnte die Publication derselben nicht gehindert werden. Nach mehreren unvollständigen Ausgaben erschienen sie außerhalb Venedigs unter dem Druckorte Coss mopoli 1789, 4 Bde. 8. Viele andere sollen sich im Manuscript im Besize einer venezianischen Familie befinden.

Das böse Beispiel Baffo's und seiner Gesinnungsgenossen blieb glücklicher Weise ohne nachhaltigen Einfluß auf die venezianische Poefte im Allgemeinen. Edlere Kräfte wirkten direct und indirect dagegen. Zwar sind die sehr zahlreichen, großentheils moralischen, Sonette des Giambat. Merita, Abt des Benedictiner-Klosters von St. Giorgio, der um die Mitte des Jahrhunderts unter den anagrammatischen Namen Lati Remita schrieb, jezt vergeffen, weil es ihnen bei aller edlen Absicht doch zu sehr an poetischem Gehalte fehlte. Desto mehr aber wirkten die satyrischen Poesieen des Patriziers Ang. Maria Labia (geb. 1709, geft. 1775), der mit glühender Phantaste, schlagendem Wiz und echt republikanischer Gesinnung den Verfall der Sitten und des Vaterlandes beklagte. In einem seiner Sonette sagt er von sich selbst:

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1) Falso divoto. 2) dissoluzione. 3) toglie. 4) fior della farina.

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