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das uralte Räthsel uns wenigstens sehr anschaulich auszulegen scheint, indem sie uns zeigt, wie die Himmlischen, Götter sowohl als Göttinnen, sich nicht mit Ihresgleichen allein vermählen. Wir denken dabei an die Lichtmonaden oder Ideen, namentlich daran, daß diese durch ihre Verbindung mit der Materie (eine scheinbare mésalliance) augenscheinlich ihr absolutes Wesen, wenn auch nicht aufgeben, doch zum Theil abgeben oder verleugnen, d. h. relativ (Halbgötter) werden, und finden den ersten und legten Grund jenes Räthsels in dem Dualismus des Weltstoffs, sind aber weit entfernt zu behaupten, damit sei das Mysterium objektiv offenbar geworden, meinen vielmehr, daß es auch der christlichen Wissenschaft ber γνωσις mit Silfe ber πιστις bis heute noch nicht gelungen ist dasselbe zu enthüllen.

Wie dem aber auch sei, die Thatsache, die uns so Wunder nimmt, weil wir die Ursache davon nicht finden können, läßt sich keineswegs bezweifeln. Dem Ewigblinden strahlt des Lichtes Himmelsfackel nicht, sie wird vielmehr in seiner Hand zu einer Brandfackel, womit er das Glück ganzer Länder und Völker einäschert und seinem Wohlthäter zum Danke dafür daß er sie ihm lich, den Scheiterhaufen anzündet. Er kann das Licht nun einmal nicht vertragen und Freiheit ist ihm nicht Leidenschaftslosigkeit, Unabhängigkeit von der Materie, sondern das gerade Gegentheil. Wehe darum allen Ideenträgern und Menschenbildnern, die ihre Bestimmung darin finden, ihr Licht leuchten zu lassen! wehe ihnen, wenn sie mit Gewalt die Rohheit bilden, den Unverstand aufklären, die Unmenschlichkeit des Ewigblinden vermenschlichen wollen! Zerrbilder, wie die Mythologie sie aufweiset, Mißgestalten, wie die Geschichte unsrer Tage fie uns in erschreckender Leibhaftigkeit vor die Augen stellt, Geschöpfe, die ihrem eigenen Schöpfer Grauen erregen, sind die Produkte ihres unbesonnenen Eifers. Ja, selbst der besonneneund das ist eben das Tragische in der menschheitlichen Entwicklung wird gewöhnlich nicht besser belohnt. Zeugen dafür liefert die ganze Reihe der Märtyrer von jenem Prometheus an bis auf die bedauernswerthen Geister, die eben jezt ihrer Lichtlust zum Opfer fallen. Der Pöbel hört nie auf Pöbel zu sein," der Ewigblinde ist eben ewig blind. So laßt ihn denn liegen und wühlen im Bauch der Materie, die Made kann ja nur von Madenspeise leben und sterben! Wir wollen den Leviathan, wenn er doch nicht zu erlösen ist und wenn er gerade durch die Wohlthat der Erlösung zum Schref= kensungeheuer wird, nicht aufstören. Wäre aber auch in unserm Sonnensysteme die Revolution das Prinzip der Entwicklung: in unserm Bildungssysteme (wir halten uns nicht für Weltregenten) steht das Prinzip der Evolution oben an.

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Neuenhaus.

Engeljohann.

Ueber Bedeutung und Gebrauch der Wörter

Actuel, Actual,

im Französischen und Englischen.

Ein Beitrag zur Lexikographie dieser Sprachen.

Das erste Heft des siebenten Bandes des Archivs enthält einen Artikel, in dem Herr Dr. Felir Flügel dem englischen Worte actual die Bedeutung von ,,dermalig, gegenwärtig" zu vindiciren sich bemüht. Da dieser Artikel das wahre Verhältniß der Sache, um die es sich handelt, sehr in den Schatten stellt, derselbe auch zunächst an und gegen mich gerichtet ist, so fühle ich mich veranlaßt, denselben zu beantworten, um das wahre Sachverhältniß möglichst in's Licht zu stellen. Ich will dabei den entgegengesezten Weg einschlagen, den Hr. Flügel gewählt; ich will mit der theoretischen Entwickelung beginnen und daran die praktische Beweisführung knüpfen; denn die Praxis, ohne die rechte Theorie, ist und bleibt hohl und leer, so sehr sie sich auch den Schein der Berechtigung und Brauchbarkeit geben mag.

Actuel, im Englischen Actual, von lat. agere, treiben, wirken, bereiten, schaffen, errichten, thun, heißt ursprünglich, wirklich, wirksam, kräftig und ist so verwandt mit wahr, denn wirken ist von ahd. weran, machen, leisten, und gleicher Wurzel mit wahr, wie dies auch die Ausdrücke bekräftigen und be= wahrheiten bezeugen, die im Begriff sich ursprünglich entsprechen. Die französische Fassung des fraglichen Wortes ist nun diese: Actuel, 1) wirklich, als paiement actuel réel; in didaktischer Sprache, wirkend, wirksam, als grace actuelle, wirkende Gnade, im Gegenfaz zur habituellen, bloß beiwohnenden; 2) in der Gegenwart wirkend, gegenwärtig in Wirkung, Geltung oder Kraft, als mode actuelle, monnaie actuelle, gouvernement actuel; 3) gegenwärtig, jezig als reiner Zeitbegriff), als moment actuel, saison actuelle. Hierbei muß bemerkt werden, daß die französische Sprache schon in

Archiv f. n. Sprachen. IX.

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der zweiten hier angeführten Bedeutung den Grundbegriff des Wortes zurück, und den von gegenwärtig, jezig voranstellt, also z. B. zwischen gouvernement actuel und gouv. présent, zwischen état actuel, und état présent des affaires keinen wesentlichen Unterschied macht, was sie noch weniger bei rein zeitlichen Bestimmungen thut, und z. B. moment actuel und moment présent als völlig gleichbedeutend sezt; so daß also nicht, wie Hr. Flügel (S. 78) sagt, actuel in der französischen Sprache zuweilen" die Bedeutung „gegenwärtig“ hat, sondern daß dieselbe bei ihr die bei weitem vorherrschende, die für's alltägliche Leben allein gång und gåbe geworden ist; so wie z. B. Hr, Péschier in seinem Wörterbuche diese Bedeutung als die erste sezt, mit welchem Recht oder Unrecht, bleibt hier unerörtert. Ob nun die französische Sprache, indem fie bei dem Worte actuel den Begriff der That, Wirksamkeit, Kraft so gut als aufgegeben und den des ziel- und thatlosen Seins, und zwar des Seins in der Gegenwart, zum Hauptbegriff des Wortes gemacht hat, gewonnen oder verloren hat, bleibe hier ebenfalls dahingestellt; gewiß ist, daß die englische Sprache mit actual den ganz entgegengesezten Weg eingeschlagen, indem sie damit stets und immer den Begriff der That oder des ins Werk Gesezten verbindet, so daß actual, actually fstofflich und begrifflich völlig unserem wirklich, bereits (von wirken, bereiten) entspricht und die englische und deutsche Sprache in Ableitung und Gebrauch dieser Wörter durchaus Hand in Hand gehen. Dies sehen wir recht klar, wenn wir das Wort als Adverbium betrachten. Auch als solches bleibt im Englischen sein Grundbegriff der des ins Werk Gesezten, bereits Gewirkten oder Gewordenen, Thatsächlichen, Wirks lichen. Die französische Sprache, die diesen Begriff schon beim Adjectiv so gut als aufgegeben hat, kann nun vollends beim Adverbium dem englischen actually im adäquaten Ausdruck nicht mehr nachkommen, indem ihr actuellement nichts mehr als gegenwärtig, jezt bedeutet; und sie muß daher zur Uebertragung des englischen actually oder des deutschen bereits, ihre Zuflucht zu dem matten déjà, schon, urspr. schön, nehmen, das sie allenfalls mit en effet verstärken kann und wirklich verstärken muß, wenn sie dem deutschen und englischen Ausdruck sinn- und wortgetreu nachkommen will. Wenn darum der Franzose Dauthereau folgenden Saß des Vicar of Wakef. (Chapter XVIII.) the appearance

of another witness left me no room to doubt of his (Mr. Burchel's) villany, who averred that he and my daughter were actually gone towards the Wells - so überseßt: mais je n'eus plus lieu de douter de sa bassesse, quand une autre personne m'apprit que lui et ma fille étaient actuellement allés aux bains so ist nur ein Doppeltes möglich; entweder es schwebte ihm bei actuellement der Grundbegriff des Wortes vor, mit andern Worten, es erinnerte sich der Franzose dabei der ursprünglichen Verwandtschaft mit dem Engländer, oder aber, was wahrscheinlicher ist, er irrte sich, indem er actually mit actuellement für gleichbedeutend hielt. Wie dem nun auch sei, die Uebersehung des Hrn. D. ist darum völlig unrichtig, weil kein heutiger Franzose aus derselben den, wirklichen Sinn des Originals herauslesen wird, der doch kein anderer ist, als il m'apprit (me dit) comme une chose positive, il m'assura positivement, qu'ils étaient (déjà) allés aux bains, oder wie man den wirklichen Sinn des actually sonst im Französischen ausdrücken mag. Genug, wir sehen, daß der Genius der englischen und französischen Sprache hier auseinander geht, und daß die erstere, wenn auch in fremder Tracht, dem Genius der deutschen Sprache die Hände reicht, indem actually hier völlig unserem bereits, bereits wirklich, entspricht: er betheuerte mir, fie wären bereits, bereits wirklich, in die Bäder gereist. Ein anderes Beispiel mag uns dies, wenn nöthig, noch deutlicher zeigen. In demselben Buche (Cap. 2) heißt es: he was violently attached to the contrary opinion and with good reason, for he was at that time actually courting a fourth wife. Hr. Dauthereau überseßt hier:,,car, dans ce temps même, il faisait sa cour, etc.; also etwa im Deutschen eben jezt; aber daß damit nicht actually überseßt sein kann, zeigt ja der Zusag at that time augenfällig; also, er warb oder freite damals bereits um die vierte Frau, darum war er anderer Meinung. Oder man nehme den allerersten Sag aus den bekannten, sehr gut geschriebenen Bubbles (The Voyage), wo es heißt: By the time I reached the Custom-house stairs, the paddles of the Rotterdam steam-boat were actually in motion, and, etc. Wer irgend englisch, französisch und deutsch versteht, wird finden, daß sich actually hier weder mit actuellement, noch mit jest," noch selbst mit,,wirklich, in der That" gut, übersehen läßt, sondern daß der adäquate deutsche Ausdruck nur bereits

(fr. déjà) ist, also die Schaufeln des Dampfboots waren bereits (déjà) in Bewegung, als 2c. Nun mag man es meinetwegen dem Wörterbuche nicht zum Vorwurf machen, daß es grade das rechte Wort ausläßt, denn aus „wirklich" mag man das bereits leicht ergänzen oder errathen; aber darf das Wörterbuch statt dessen ein völlig falsches Wort, und somit einen völlig falschen Begriff unterschieben? Ist etwa,,jeßt, gegenwärtig" bereits, oder ist bereits nicht vielmehr gleich schon, auf etwas in Bereitschaft, ins Werk Geseztes hindeutend? Will also das Wörterbuch den Begriff des actually erschöpfen, statt einen völlig falschen unterzuschieben, so muß es das Wort so erklären: der That nach, wirklich, bereits, . schon. Damit ist Alles gesagt. Beweisen wir dieses aus den von Hrn. Flügel selbst beigebrachten Säßen. Der Büchertitel auf S. 78 besagt nichts Anderes, als: Ein Deutsch- Katholik sagt Rom Lebewohl und berichtet von der religiösen Bewegung, die in Deutschland bereits Statt findet (Sinn: so daß Andere und Viele dem Einen noch folgen dürften). Wenn nun diese religiöse Bewegung bereits Statt hat, wirklich schon im Gange ist, so ist sie es freilich jeßt, daß aber das jezt hier nicht im Mindesten zu betonen ist, sondern rein zufällig, sieht man gleich, sobald man nur statt ist ein war sezen will. Dies sehen wir am besten bestätigt an einem andern Beispiel auf Seite 75 bis 76. Hier ist von den, in den Jahren 1770 bis 1803 in Großbritannien wirklich lebenden (nicht schon verstorbenen) Schriftstellern die Rede. Wo liegt da in dem actually living authors für uns irgend der Begriff von jezt? Noch weniger werden diesen Begriff solche darin finden, die diesen Büchertitel tausend Jahre nach uns lesen sollten, wogegen actually auch dann noch grade dasselbe sagen wird, was der Schreiber selbst damit sagen wollte, dem man freilich, wenn man will, ein,,jeßt“ unterschieben kann. Man sieht also, das jeßt, der Begriff der Gegenwart, tritt bei actually, nach englischer Fassung des Wortes, nie selbstständig hervor; soll er dieses, so gebraucht der Engländer, der seine Sprache correct schreibt, stets now, at present u. "dgl. Eben so verhält es sich mit actual, dem Adjectiv *), was ein anderes von

*) Dem Adverbium actually analog wird das Wörterbuch den Begriff des Adjective actual so zu fassen haben: auf die That gegründet, thatsächlich, factisch, wirklich, wirklich geworden, bereits (wirklich) vorhanden, bereits gemacht, bereits geworden 26.

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